Hirnaktivitäten von Mutter-Tochter-Paaren laufen in einem Videocall weniger synchron als in einem persönlichen Gespräch. Das konnte eine Forschungsgruppe der Reichmann Universität in Israel nun nachweisen. Damit kann erstmals erklärt werden, warum technologisch unterstützte Kommunikation oft als anstrengend empfunden wird.
Mütter und Töchter kommunizieren für die Forschung
Der Übergang zur digitalen Kommunikation hat mittlerweile nahezu alle Bereiche des heutigen Lebens fest im Griff. Dennoch bleiben Hirnaktivitäten in solchen Gesprächen weitgehend unerforscht. Eine Studie, die im Dezember 2022 im Fachmagazin Neuroimage veröffentlicht wurde, untersuchte diese Aktivität nun bei 70 Müttern und ihren Töchtern.
Die Paare wurden gebeten, sich über möglichst positive und unverfängliche Themen frei zu unterhalten. Während des Gesprächs wurden die Hirnaktivitäten der Teilnehmerinnen mithilfe von Elektroden an der Kopfhaut aufgezeichnet. Die Gespräche fanden zunächst von Angesicht zu Angesicht und schließlich als Videokonferenz statt. In einer Kontrollgruppe saßen sich weitere Probanden schweigend gegenüber.
Starke Hirn-Synchronität in persönlichen Gesprächen
Aus den Ergebnisse geht hervor, dass die Hirnwellen der Paare, die miteinander kommunizierten, stärker synchronisiert waren als die der Kontrollgruppe, bei der keine Interaktion stattgefunden hat. Die Autoren der Studie stellten eine erhöhte Hirnkonnektivität in neun Regionen des Hirns bei persönlichen Gesprächen fest. In Videocalls wies hingegen nur eine Hirnregion eine erhöhte Konnektivität auf. Zudem traten Gehirn-Verhaltens-Assoziationen nur in Live-Gesprächen auf.
So sei die „temporal-temporale Synchronie zwischen Mutter und Kind mit Momenten des gemeinsamen Blicks verbunden“, berichtet Studienautorin Ruth Feldmann. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine synchronisierte Hirnaktivitäten in der zwischenmenschlichen Kommunikation ein wichtiger Faktor ist. Die fehlende Konnektivität in Videokonferenzen könnte hingegen erklären, warum digitale Gespräche oft als kräftezehrend empfunden werden.
Weitere Untersuchungen notwendig
Es ist jedoch zu beachten, dass die Studie nur auf Mutter-Tochter-Paare beschränkt ist und für andere Beziehungen weitere Studien erforderlich sind. „Es bedarf weiterer Forschung, um herauszufinden, ob die „Zoom-Müdigkeit“, die während der technologischen Kommunikation auftritt, zum Teil auf eine Überlastung der begrenzten Verbindungen zwischen den Gehirnen zurückzuführen ist, und um die potenziellen Kosten der sozialen Technologie für die Gehirnreifung, insbesondere bei Jugendlichen, zu untersuchen“, betonen die Forscher.
Bild von Alexandra_Koch auf Pixabay