Vermutlich kennen Sie das auch. Man glaubt sich an etwas erinnern zu können, ist sich jedoch nicht sicher, ob das Geschehene wirklich so passiert ist. Bisher waren Hirnforscher der Meinung, dass solche Lücken primär auf das Langzeitgedächtnis zurückzuführen seien. Eine neue Untersuchung der University of Queensland in Australien zeigt nun, dass auch unser Kurzzeitgedächtnis auf ähnliche Weise getrübt werden kann. Grund hierfür sei unsere Erwartungshaltung an eine bestimmte Situation.
Das Kurzzeitgedächtnis ist leicht zu manipulieren
Frühere Studien zeigten bereits, dass das Gedächtnis leicht zu manipulieren ist. Unter anderem lassen sich Erinnerungen durch Stromreize, Schlafmangel oder sogar psychologische Manipulation beeinflussen und verändern. Die australischen Forscher wollten aufgrund dieser Ergebnisse nun herausfinden, ob sich diese Manipulationen und Veränderungen auch auf das Kurzzeitgedächtnis auswirken können. Der Fokus lag dabei auf der Wahrnehmung der Geschehnisse. In Ihrer Veröffentlichung schreiben die Wissenschaftler:
„Die Wahrnehmung kann von unseren Erwartungen geprägt werden, was zu Wahrnehmungsillusionen führen kann. In ähnlicher Weise können Langzeiterinnerungen so gestaltet werden, dass sie unseren Erwartungen entsprechen, was falsche Erinnerungen erzeugen kann. Es wird jedoch im Allgemeinen davon ausgegangen, dass das Kurzzeitgedächtnis für Wahrnehmungen, die vor nur 1 oder 2 Sekunden gebildet wurden, die Wahrnehmungen genau so darstellt, wie sie zum Zeitpunkt der Wahrnehmung waren.“
Umgekehrte Wahrnehmung nach Manipulation
Für ihre Analyse führten die Forscher Tests mit 40 Probanden durch. Dafür zeigten sie den Testpersonen sechs bis acht verschiedene Buchstaben auf einem Bildschirm. Unmittelbar nach der Ansicht sollten die Personen angeben, wo sich welche Buchstaben befanden.
Um mit diesem Test herauszufinden, ob die Erwartung etwas an der Erinnerung verändert, drehten die Forscher einige der Buchstaben um. Bei diesen Verfahren sollte also bewiesen werden, dass auch das Kurzzeitgedächtnis beeinflusst werden kann. Das Ergebnis: Die Mehrheit der Testpersonen gab an, dass sie auch die eigentlich spiegelverkehrten Buchstaben in richtiger Position gesehen haben. Außerdem gaben sie an, sich bei der Antwort sehr sicher zu sein.
„Da es viel häufiger vorkam, dass statt eines Pseudobuchstabens ein realer Buchstabe ausgewählt wurde, als andersherum, liegt die Ursache der Gedächtnistäuschung wahrscheinlich nicht an der visuellen Ähnlichkeit. Stattdessen scheint sie das Ergebnis von Weltwissen beeinflusst zu sein, also der Prägung auf die übliche Ausrichtung von Buchstaben.“
Falsche Wahrnehmung auch im Kurzzeitgedächtnis
Die Forscher sahen ihre These nach dem Test bestätigt und sehen einen Beweis dafür, dass das Gehirn eine Erinnerung, auch wenn sie vor noch so kurzer Zeit entstanden ist, auf ihre Richtigkeit verändern kann. Die Neurologen gehen weiter davon aus, dass diese veränderten Erinnerungen im Alter zunehmen könnte: „Mit der Zeit nehmen die Täuschungen zu, was darauf hindeutet, dass korrekt kodierte Wahrnehmungen eines Pseudobuchstabens in illusorische Erinnerungen an einen echten Buchstaben umgewandelt werden.“ Wie sich dieses Phänomen genau im Alter weiterentwickelt, könnte durch weitere Studien und Tests untersucht werden.