Die Weltbevölkerung wächst unaufhörlich und wird laut Prognosen bis 2037 auf 9 Milliarden Menschen ansteigen. Familienplanung ist in diesem Kontext ein wichtiger Begriff. Allerdings gab es in den vergangenen Jahrzehnten nur wenige Fortschritte bei der Empfängnisverhütung. So existiert für Männer nach wie vor keine Antibabypille. US-Wissenschaftler des Baylor College of Medicine und anderer Institutionen haben nun in einer Studie einen neuartigen, hormonfreien Ansatz zur Kontrazeption für Männer untersucht.
Spezielles Enzym als Schlüssel
„Obwohl Forscherinnen und Forscher verschiedene Strategien zur Entwicklung von Verhütungsmitteln für Männer untersucht haben, gibt es immer noch keine Antibabypille für Männer“, so Hauptautor Dr. Martin Matzuk. „In dieser Studie haben wir uns auf einen neuen Ansatz konzentriert – die Identifizierung eines kleinen Moleküls, das die Serin/Threonin-Kinase 33 (STK33) hemmt, ein Protein, das sowohl bei Männern als auch bei Mäusen für die Fruchtbarkeit erforderlich ist“.
Entsprechend sei STK33 ein vielversprechendes Ziel für die Empfängnisverhütung. Eine Hemmung dieses Enzyms hätte laut den Chemikern voraussichtlich nur minimale Nebenwirkungen. Und tatsächlich gelang es den Forschern mithilfe einer Hochdurchsatzmethode aus Milliarden von Molekülen potente und selektive STK33-Hemmstoffe zu identifizieren. Bei dieser Methode lassen sich eine Vielzahl von chemischen Verbindungen schnell und automatisiert auf ihre biologische Aktivität gegenüber einem bestimmten Zielmolekül testen.
Wissenschaftler finden Wirkstoff mit geringen Nebenwirkungen
Am Ende identifizierten die Forscher die Leitsubstanz CDD-2807 als besonders effizient bei der Hemmung des Spermien-Enzyms. „CDD-2807 erwies sich in unseren Mausmodellen als äußerst wirksam“, so Dr. Courtney M. Sutton. „Die Verbindung reduzierte bei geringen Dosen die Spermienmotilität und -anzahl sowie die Befruchtungsfähigkeit der Mäuse, ohne Anzeichen von Toxizität oder Nebenwirkungen zu zeigen.“
Besonders interessant war zudem die Reversibilität der kontrazeptiven Wirkung: Nach einer Auszeit von der Behandlung erholten sich die Mäuse und waren wieder fruchtbar.
Die Forscher konnten zudem die dreidimensionale Struktur des STK33-Enzyms aufklären und so den Bindungsmechanismus der Inhibitoren entschlüsseln. „Unsere Kristallstruktur zeigte, wie einer unserer starken Inhibitoren mit der STK33-Kinase in drei Dimensionen interagiert. Dies ermöglichte es uns, unseren endgültigen Wirkstoff CDD-2807 zu modellieren und so zu gestalten, dass er bessere arzneimittelähnliche Eigenschaften aufweist“, kommentiert Biochemiker und Co-Autor Dr. Choel Kim. So soll die Anwendung am Menschen schon bald möglich werden. Zuvor sind allerdings noch weitere Studien an Primaten geplant, um die Wirksamkeit und Sicherheit der neuen Antibabypille für Männer weiter zu untersuchen.
Die Studie wurde im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlicht.
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