Spironolacton ist ein Medikament, das hauptsächlich zur Behandlung von Herzkrankheiten verwendet wird. Doch sowohl Studien mit Tieren als auch mit Menschen zeigen, dass es ebenfalls ein wichtiger Helfer im Kampf gegen Alkoholismus sein könnte.
Je höher die Medikation, umso geringer der Alkoholkonsum
Wenn ein Mensch an einer Alkoholkonsumstörung – auch „alcohol use disorder“ (AUD) genannt – leidet, kommt es zu vielen verschiedenen Abläufen im Körper. Unter anderem spielt das Hormon Aldosteron eine wichtige Rolle: bei Menschen mit AUD wurden etwa erhöhte Levels des Hormons nachgewiesen, wenn sie sich ängstlich fühlten, einen Alkoholentzug durchmachten, obsessive Gelüste plagten oder einen besonders hohen Pegel hatten.
Man weiß schon länger, dass das Medikament Spironolacton gegen diese Effekte von Aldosteron wirkt. Dadurch kamen die Wissenschaftler mit Sitz in den USA und London auf die Idee, Spironolacton gegen Alkoholmissbrauch einzusetzen. Ihre Studie, die Ende September 2022 im Fachjournal „Molecular Psychology“ veröffentlicht wurde, erzielte erstaunliche Ergebnisse: Menschen mit AUD tranken signifikant weniger Alkohol, wenn sie mit dem Medikament therapiert wurden.
Spironolacton wird meistens eingesetzt, wenn ein Mensch an einer Herzinsuffizienz leidet. Es reguliert den Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt, der höchstwahrscheinlich durch eine hohe Produktion von Aldosteron aus dem Gleichgewicht gebracht wird. Die Forschenden verabreichten im Labor alkoholabhängigen Mäusen und Ratten das Medikament. Bald zeigte sich, dass die Tiere insgesamt weniger Flüssigkeiten konsumierten, im speziellen Alkohol. Interessant war vordergründig, dass die Tiere umso weniger Alkohol tranken, je höher ihre Medikation ausfiel.
Genaue Wirkung noch unklar
Ein ähnlicher Trend konnte auch in Untersuchungen mit Menschen erkannt werden. Die Wissenschaftler wandten sich an US-amerikanische Veteranen, die eine Alkoholkonsumstörung aufwiesen. Die Forscher arbeiteten insgesamt mit mehr als 40.000 Probandinnen, wobei 10.726 Studienteilnehmern Spironolacton verabreicht wurde.
Das Ergebnis war eindeutig. Alle Veteranen, die das Medikament länger als 60 Tage einnahmen, tranken weniger Alkohol, während sich die Konsummenge in der Kontrollgruppe kaum änderte. Besonders signifikant war der Effekt, wenn die Menschen zuvor als Alkoholiker eingestuft worden waren. Das stellten die Wissenschaftler mithilfe des renommierten „alcohol use disorder identification test“ fest, bei dem Punkte für die Wahrscheinlichkeit und Stärke der Krankheit vergeben werden.
Wie genau das Medikament wirkt, ist den Wissenschaftlern noch nicht bekannt. Aus vorangegangenen Studien geht allerdings hervor, dass Spironolacton einen Rezeptor blockiert, der durch das Hormon Aldosteron in großen Mengen produziert wird. Dieser Rezeptor ist unter anderem für die erhöhte Nachfrage von Flüssigkeiten zuständig. Letztlich könnte die Antwort also relativ leicht sein: Durch das Blockieren des Rezeptors will der Patient weniger trinken. Weitere Nachforschungen seien allerdings wichtig, um das Phänomen noch besser zu verstehen.
„Mehrere unterschiedliche Untersuchungen an drei verschiedenen Spezies zeigten starke Ähnlichkeiten. Das gibt uns die Zuversicht, dass wir an etwas dran sind, dass wissenschaftlich und klinisch sehr bedeutend sein könnte“, so Co-Autor Lorenzo Leggio in einer Pressemitteilung.
Bild von Gerd Altmann auf Pixabay, Artikel von Anna Mikulics