Luftaufnahmen der CIA aus den 1950er und 1960er-Jahren ermöglichen es Wissenschaftlern, den Einfluss des Menschen auf die Erdoberfläche detailliert nachzuvollziehen. Die schwarz-weiß Negative sind dabei oft wertvoller als Satellitenbilder. Die Fotos eines Spionageflugzeugs der USA aus Zeiten des Kalten Krieges wurden jüngst einer breiten Masse an Forschern zugänglich gemacht.
Spionagebilder im Dienst der Wissenschaft
Auch wenn man als Laie glaubt, in Zeiten von Google Earth hätten 60 Jahre alte Luftaufnahmen keinen großen Nutzen mehr, sind die Bilder für Anthropologen und Archäologen von immenser Bedeutung. Jason Ur, Archäologe an der Harvard University, und Emily Hammer, Landschaftsarchäologin von der University of Pennsylvania, arbeiteten in den vergangenen vier Jahren daran, das Fotoarchiv mit Luftaufnahmen auszuwerten, die für den militärischen Geheimdienst der USA von Interesse waren.
Die Negative zeigen ausländische Stützpunkte, potenzielle Atomwaffenanlagen und Flugplätze. In den Filmrollen fanden sich aber auch hochauflösende Schwarz-Weiß-Negative von Landschaften, die aus historischer, ethnografischer und archäologischer Sicht neue Erkenntnisse liefern können. Auf ArcGis Online sind diese Bilddaten, Flugrouten und weitere Informationen mittlerweile für jedermann zugänglich.
Moderne Satellitenbilder ließen eine Beobachtungs-Lücke
Die ersten hochauflösenden Satellitenaufnahmen stammen aus den 2000er-Jahren. Aber die Ursachen für die anthropogenen Veränderungen des Ökosystems reichen weiter zurück. Die historischen Luftaufnahmen schließen nun die Lücke, die bisher in der Erdbeobachtung klaffte. Für Archäologen, Historiker und Klimawissenschaftler ist das ein echtes Geschenk.
Satellitenbilder zu sichten, ist seit Jahrzehnten Normalität für Geologen und Archäologen. Live-Satellitenbilder helfen auch Klimawissenschaftlern seit Langem, die globale Erwärmung zu erklären. Das gilt nun also auch für die Bilder des Spionagesatelliten-Programms Corona der USA aus den 1960er-Jahren. Dank der insgesamt über 130 Spionagesatelliten des Programms konnten zwischen 1967 und 1972 tausende Fotos im ehemaligen Einflussbereich der Sowjetunion aus sicherer Höhe aufgenommen werden.
Die Aufnahmen zeigen beispielsweise 4.500 Jahre alte Straßennetze in Nordsyrien und die ursprünglichen Verläufe von Flüssen, die von den Menschen über Jahrtausende hinweg verändert wurden. Antike Stätten, Befestigungen, Bewässerungssysteme und Straßennetze sind auf modernen Satellitenbildern nicht immer zu erkennen. Sie wurden durch moderne Bauten, den industriellen Abbau von Ressourcen sowie die zunehmende Landwirtschaft beeinträchtigt oder zerstört.
Die Luftaufnahmen, die einst dem Ausspionieren der Sowjetunion dienten, zeigen hingegen diese Spuren aus der Bronzezeit und Eisenzeit sowie die Verläufe von Stadtmauern aus dem Mittelalter. Und zwar in einer hochauflösenden Qualität, die der von Satellitenbildern überlegen ist.
EcoSpy-Programm der Humboldt-Universität Berlin nutzt die Corona-Bilder für Erkenntnisse im Natur- und Klimaschutz
Im Rahmen des EcoSpy-Programms leisten Forscher der HU Berlin Pionierarbeit. Landsat-Aufnahmen der NASA, Google Earth Bilder und die Daten der Corona-Spionagesatelliten werden dort zusammengeführt. Veränderungen von schützenswerten Ökosystemen sollen dadurch künftig genau bewertet werden können.
Auch die Entwicklung der Lebensräume von gefährdeten Arten wird messbar, indem etwa die Gebiete der Saiga-Antilope analysiert werden können. Zudem kann die Populationsdynamik von anderen sogenannten Schlüsselarten der Tierwelt anhand der Bilder erklärt werden. Das Ziel der Forscher, die am EcoSpy-Programm teilnehmen, ist eine zusammenfassende, weltweite Studie über den genauen Nutzen der Corona-Aufnahmen für Naturschutz und Ökologie. Einige Erkenntnisse wurden bereits publiziert.
Die jüngste Publikation von EcoSpy im Science Magazine bezieht sich beispielsweise auf die landwirtschaftlich bedingte Abholzung der Tropenwälder. Die Studie zeigt, wo Entwaldung der Tropenwälder stattfindet und zu welchen Anteilen sie durch Abholzung, Vergrößerung der landwirtschaftlichen Flächen, spekulative Rodungen oder Brände verursacht werden, die auf den Wald übergehen.
Der bebilderte Zeitstrahl, den die Wissenschaftler geschaffen haben, machte diese Analyse erstmals möglich und wird vermutlich weitere Erkenntnisse liefern, die zum Schutz des natürlichen Lebensraums von Mensch, Tier und Pflanzen eingesetzt werden können.
Bild von Lukas Bieri auf Pixabay