Forscher der University of Massachusetts Amherst zeigen in einer neuen Studie, dass ein analoger Computer, der sogenannte Memristor, in der Lage ist, komplexe wissenschaftliche Berechnungen durchzuführen und dabei die Einschränkungen digitaler Computer zu umgehen. Steht die Welt der Computertechnologie etwa vor einem erneuten Durchbruch?
Entwickler möchten Schwächen digitaler Systeme umgehen
Viele wichtige wissenschaftliche Fragen, von der Modellierung nanoskaliger Materialien bis hin zur Klimaforschung im großen Maßstab erfordern komplexe Gleichungen. Diese führen digitale Computersysteme schnell mal an ihre Grenzen, was Geschwindigkeit, Energieverbrauch und Infrastruktur betrifft. Schließlich müssen die Computer oftmals große Datenmengen zwischen Speicher und Chips bewegen.
„In dieser Arbeit schlagen wir eine neue Schaltungsarchitektur und ein Programmierprotokoll vor, die hochpräzise Zahlen durch eine gewichtete Summe mehrerer analoger Bauelemente mit relativ geringer Genauigkeit, wie z. B. Memristoren, effizient darstellen können, und zwar mit einem deutlich geringeren Aufwand an Schaltkreisen, Energie und Latenzzeit im Vergleich zu bestehenden Quantisierungsansätzen“, so Studienautor Qiangfei Xia in einer Pressemitteilung. „Diese Technologie eignet sich nicht nur für die Berechnung von neuronalen Netzen mit geringer Genauigkeit, sondern auch für wissenschaftliche Berechnungen mit hoher Genauigkeit“.
Computer merkt sich Einstellungen, auch ohne Strom
Im Zuge ihrer Untersuchungen haben die Forscher einen Memristor entwickelt, der in der Lage ist, elektrischen Strom in einem Schaltkreis zu steuern und gleichzeitig den vorherigen Zustand zu „erinnern“, selbst wenn die Stromversorgung unterbrochen wird. Dies steht im Gegensatz zu herkömmlichen Computerchips, die Informationen nur speichern können, solange Strom vorhanden ist. Der Memristor kann in mehreren Widerstandsstufen programmiert werden, was die Informationsdichte in einer Zelle erhöht. Durch die Organisation in einem Kreuzschaltungsarray führt ein solcher Memristor analoge Berechnungen durch, indem er physikalische Gesetze in massiv paralleler Weise nutzt, was die Matrixoperation erheblich beschleunigt. Dies ist besonders wichtig für rechenintensive Operationen in neuronalen Netzwerken
Die Entwicklung des Memristors dauerte über ein Jahrzehnt, bis die Wissenschaflter endlich einen geeigneten Memristor entwerfen konnten und hierfür umfangreiche Schaltungen und Computerchips für das analoge In-Memory Computing aufbauten. „Unsere Forschung in den letzten zehn Jahren hat den analogen Memristor zu einer lebensfähigen Technologie gemacht. Es ist an der Zeit, diese großartige Technologie in die Halbleiterindustrie zu bringen, um der breiten KI-Hardware-Community zu nutzen“, so Xia.
Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher in der Zeitschrift Science.