Korallenriffe gehören zu den gefährdeten Ökosystemen der Erde. Zwei Wissenschaftler der Universität von Tel-Aviv haben nun festgestellt, dass sich Zusatzstoffe von Plastik negativ auf die Reproduktion von Korallen auswirkt.
Korallen vom Klimawandel betroffen
Korallenriffe beheimaten viele Tierarten, nehmen große Mengen von Kohlendioxid auf, produzieren Sauerstoff und dienen als Wellenbrecher. Das Korallensterben, das in den letzten Jahrzehnten aufgrund des Klimawandels und menschlicher Eingriffe vermehrt stattfindet, hat katastrophale Auswirkungen. Zusätzlich wachsen die meisten Riffe nur mehr geringfügig oder gar nicht, was an der eingeschränkten Vermehrungsrate liegt. Laut der neuen Studie, die am 1. Dezember im Fachjournal „Environmental Pollution“ erschien, könnten Plastikadditive dafür mitverantwortlich sein.
„Plastikadditive sind chemische Zusatzstoffe, die während des Herstellungsprozesses von Kunststoffen eingebaut werden. Einige von ihnen sind bekannt dafür, hormonelle Prozesse zu aktivieren oder zu hemmen; somit können sie biologische System aus dem Gleichgewicht bringen. Trotzdem sind ihre Auswirkungen auf Korallenriffe bisher nur geringfügig untersucht worden“, erklärt der Erstautor der Studie Gal Vered, der zusammen mit seinem Kollegen und Co-Autor Noa Shenkar an der Universität Tel-Aviv arbeitet, in einer Pressemitteilung. Das Hormonsystem der Korallenriffe ist grundlegend für das Wachsen von Riffen, das mit der Vermehrung und der Entwicklung und Ansiedlung von Korallenlarven auf den Böden einhergeht.
Laboruntersuchungen offenbaren Schaden
Um die Studie möglichst aussagekräftig zu gestalten, wählten die beiden Forschenden eine breite Vielfalt an Additiven und Riffbilder für die Testungen. Vier verschiedene Chemikalien wurden verwendet: zwei verschiedene Phthalate, 4-Nonylphenol und Bisphenol A. Unter anderem werden diese Zusatzstoffe in der Produktion von Verpackungsmaterial, Baby-Fläschchen, Klebstoffen, Spielzeugen oder Reinigungsmittel eingesetzt. All diese Substanzen wurden in der Vergangenheit in tropischen Korallenriffen nachgewiesen. Dorthin gelangten sie durch Plastikabfälle oder mit dem Abwasser.
Im Labor versetzten die Wissenschaftler Meerwasser mit den verschiedenen Chemikalien. Einerseits überprüften sie die Reaktionen der Korallen mit einer natürlichen Menge an Additiven, wie sie in den Ökosystemen gefunden wurde. Andererseits wurde auch eine Untersuchung mit erhöhter Konzentration durchgeführt. Besonderen Augenmerk legten die Forschenden auf die Befruchtung der Korallen, die Entwicklung der Larven, deren Ansiedlung und der Metamorphose.
Zusatzstoffe haben selektive Effekte
Die Reaktion auf die unterschiedlichen Additive war stark von der Art der Korallen abhängig. Die Wissenschaftler testeten die chemischen Substanzen an Stein-, Weich- und Feuerkorallen als auch an solitär lebenden Seescheiden. Weichkorallen waren besonders empfindlich. Schon die geringe Konzentration von 4-Nonylphenol, wie sie in der Umwelt gefunden wird, senkte die Erfolgsquote der Ansiedlung der Larven auf den Substratböden. Hohe Werte des Zusatzstoffes schränkten die Reproduktion von allen Korallenarten ein. Die Phthalate schädigten hingegen nur die Steinkoralle bei hohen Konzentrationen, das Bisphenol A zeigte keine messbaren Auswirkungen.
Auf den ersten Blick mag das Ergebnis nicht sonderlich besorgniserregend erscheinen, da nur ein Additiv eine Korallenform bei natürlichen Konzentrationen schadete. Doch das Ergebnis muss differenziert betrachtet werden, denn die Menge an Chemikalien, die sich im Gewebe der Organismen befindet, ist unbekannt. „Um die Auswirkungen von Plastikadditiven auf gefährdete Ökosysteme besser zu verstehen, empfehlen wir die Entwicklung von besseren Methoden zur Messung der tatsächlichen Konzentrationen im Gewebe, um das Risiko besser einschätzen zu können“, so Shenkar.
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