Soziale Isolation kann auf verschiedene Weise krank machen. Zum einen wirkt sie sich auf die Psyche aus, sie kann unter anderem Depressionen auslösen. Forscher fanden nun heraus, dass Einsamkeit jedoch auch körperliche Reaktionen hervorrufen kann. Im vergangenen Monat veröffentlichte ein siebenköpfiges Team aus Sozialforschern und Medizinern der Universität Wien dazu ihre Untersuchungsergebnisse im Fachmagazin Psychological Science. So zeigen die Wissenschaftler, dass soziale Isolation die Hirnaktivität bereits nach wenigen Stunden verändern kann.
Kurzzeitige Folgen sind Müdigkeit, Erschöpfung und Abgeschlagenheit
Dass mangelnde Sozialkontakte eine Auswirkung auf die Psyche haben, ist bereits bekannt. Ziel der Studie war es nun, herauszufinden, wie sich die soziale Einsamkeit auf den Körper eines Menschen auswirken kann. So schreiben die Forscher: „Jüngste Beweise deuten darauf hin, dass sozialer Kontakt ein Grundbedürfnis ist, das von einem sozialen homöostatischen System geregelt wird. Es ist jedoch wenig darüber bekannt, wie sich die Bedingungen einer veränderten sozialen Homöostase auf die menschliche Psychologie und Physiologie auswirken.“
Die Wissenschaftler nahmen die COVID-19 Lockdowns als Grundlage für ihre Untersuchungen.
„Soziale Isolation führte zu einer verminderten selbst gemeldeten energetischen Erregung und erhöhter Müdigkeit, vergleichbar mit Nahrungsentzug. Um zu testen, ob sich diese Ergebnisse auf eine reale Umgebung erstrecken würden, führten wir während eines COVID-19-Lockdowns eine vorregistrierte Feldstudie durch.“
Denn während dieser Zeit erinnerten Psychologen immer wieder daran, dass diese Maßnahmen schwerwiegende Folgen für viele Menschen haben könnten. Personen, die bereits im Vorfeld unter Depressionen oder psychischen Erkrankungen gelitten haben, seien besonders gefährdet.
Untersuchungen zeigen deutliche Ergebnisse
An der Studie nahmen 87 Personen teil. Für die Untersuchungen verbrachten 30 Testpersonen jeweils acht Stunden lang im Labor. Dabei erlebten sie entweder keinerlei soziale Kontakte und/oder erhielten außerdem nichts zu essen. Die Mediziner beobachteten die Stressreaktion der Menschen und protokollierten im Anschluss einige Fragen.
Diese Zustände wurden an verschiedenen Tagen variiert und mit verschiedenen Testpersonen durchgeführt. Dennoch liefern sie eindeutige Ergebnisse.
„In der Laborstudie fanden wir auffallende Ähnlichkeiten zwischen sozialer Isolation und Nahrungsentzug. Beide Zustände führten zu verminderter Energie und erhöhter Müdigkeit. Das ist überraschend, wenn man bedenkt, dass wir durch Nahrungsentzug buchstäblich an Energie verlieren, während dies bei sozialer Isolation nicht der Fall ist.“
Die Mediziner sehen also einen fast identischen Zustand zwischen dem, der durch das Fasten und dem, der durch soziale Isolation entstanden ist. „Unsere Ergebnisse demonstrieren, dass Veränderungen der subjektiven Energie und das Gefühl der Erschöpfung auch schon nach einer relativ kurzen Phase der sozialen Isolation auftreten können“.
Die Forscher gehen davon aus, dass diese Reaktionen zu einem Teufelskreis führen können. Personen, die sich durch mangelnden Sozialkontakt müde und schlapp fühlen, bleiben möglicherweise immer mehr zu Hause. Demnach könnte eine Endlosschleife entstehen, die wiederum in einer Depression enden könnte.