Beinahe über Nacht brachte die Corona-Krise erhebliche Veränderungen mit sich: Home-Office anstatt Großraumbüro, Videoschalten anstatt geselligem Beisammensein. Nun zeigt eine Erhebung des Portals Verivox, dass die Pandemie der Digitalisierung einen großen Schub gegeben hat.
Dabei wird ersichtlich, dass die Entwicklung längst nicht nur den älteren Generationen Digitales nähergebracht hat. Selbst junge Erwachsene zwischen 18 bis 29 Jahren nutzten einige Dienste zum ersten Mal. „Überraschend ist das vor allem bei der jungen Generation, der eigentlich ein komplett digitalisierter Alltag nachgesagt wird“, wie Eugen Ensinger, seines Zeichens Verivox-Telekommunikationsexperte, äußerte. Beispielsweise gaben 40 Prozent der Befragten in genannter Altersgruppe an, während der Lockdowns zum ersten Mal Videotelefonie genutzt zu haben. Zudem, so das Ergebnis der Studie, könnte der Digitalisierungsschub eine nachhaltige Wirkung entfalten: 60 Prozent gaben an, auch nach der Krise häufiger videotelefonieren zu wollen.
Corona-Krise offenbart Schwachstellen
Aktuell tritt offen zutage, dass es in punkto Digitalisierung einen großen Nachholbedarf gibt. So äußerte Stefan Behlau, Landeschef des Lehrerverbands für Bildung und Erziehung, dass sich dieser Tage die mangelhafte Digitalisierung an Schulen räche. So gaben 60 Prozent der Schulleiter in Nordrhein-Westfalen an, nicht in allen Klassenzimmern Breitbandinternet sowie WLAN zur Verfügung zu haben. Er plädiert daher dafür, dass „möglichst schnell eine Digitaloffensive für die Schulen anlaufen“ solle.
Auch die Schüler bemängeln den Status quo. So gaben 59 Prozent an, dass der fehlende Einsatz digitaler Medien eines der dringlichsten Probleme an deutschen Schulen sei. Dies ist das Ergebnis einer Bitkom-Befragung. Präsident des Digitalverbandes Achim Berg äußert unterdessen, dass Deutschland im EU-Vergleich hinterherhinke. Demnach machen es andere europäische Länder vor, dass der Schulbetrieb auch in Ausnahmefällen effizient aufrechterhalten werden kann. Seiner Meinung nach sei es insbesondere der Bildungsföderalismus, der Fortschritte in punkto Digitalisierung hemme.
Digitaler Arztbesuch
Indes erschöpft sich das Potenzial der Technologisierung nicht ausschließlich auf Elemente des Bildungssystems. Angesichts der Covid-19-Pandemie äußerten die Bundesbürger mehrheitlich, das Wartezimmer einer Arztpraxis meiden zu wollen. In Folge dessen wollen 66 Prozent, dass Ärzte Online-Sprechstunden anbieten. Im Vorjahresmonat äußerte noch weniger als jeder Dritte diesen Wunsch. Auch dies ist das Ergebnis einer repräsentativen Befragung des Digitalverbandes Bitkom.
Durch Online-Angebote, so das Fazit der Studie, könnte die medizinische Versorgung weiterhin gewährleistet werden, ohne dass Patienten, Ärzte sowie Pflegende gezwungen sind, sich einem erhöhten Ansteckungsrisiko auszusetzen. Bereits jetzt sei es so, dass im Angesicht der Corona-Krise viele Ärzte Online-Sprechstunden anbieten. Noch kann allerdings nicht von einem flächendeckenden Einsatz gesprochen werden.
In welchem Ausmaß und wie nachhaltig der jüngste Digitalisierungsschub ist, wird sich unterdessen erst noch zeigen müssen. Geht es nach den Ergebnissen unterschiedlicher Befragungen, dann könnte der Effekt durchaus beträchtlich sein. Viele Menschen ändern ihr Verhalten, und setzten sich mit neuen Technologien auseinander. Zudem steigt das Ausmaß des Vertrauens in digitale Applikationen. 84 Prozent sind gegenwärtig sogar der Auffassung, dass digitale Technologien im Kampf gegen das Coronavirus hilfreich sein könnten.