In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung (SZ) erklärt die Verhaltensforscherin Vanessa Van Edwards, wie man einen guten ersten Eindruck bei anderen Menschen hinterlässt. Demnach sollen die ersten Momente eines Kennenlernens von besonderer Bedeutung sein.
Menschen urteilen beim ersten Eindruck innerhalb von Sekunden
Laut Van Edwards sei dieser allererste Eindruck das Fundament für alles, was danach komme. „Wir geben es ungern zu, aber in den meisten Fällen wissen wir bei einer Begegnung innerhalb von Sekunden, ob wir unseren Gegenüber mögen, ob er vertrauenswürdig ist, ob wir gerne eine Beziehung mit ihm hätten. Noch ehe diese Person auch nur ein Wort gesagt hat.“, so die Wissenschaftlerin gegenüber der SZ.
Auf den Einwand, dass sich der erste Eindruck doch einfach revidieren lasse, verwies die Verhaltensbiologin auf eine Studie der Harvard University von Nalini Ambady und Robert Rosenthal. Die Ergebnisse besagten, dass ein Bild von einem Menschen, das wir bereits nach zwei Sekunden im Gehirn abgespeichert hätten, auch später noch wichtig wäre, selbst wenn in der Zwischenzeit deutlich mehr Informationen und Nähe vom Partner aufgenommen werden konnte.
Evolutionsbedingte Gründe
So hätten Ambady und Rosenthal herausgefunden, dass wir die Schnellurteile des ersten Kennenlernens, in den meisten Fällen auch langfristig bestätigen. Die Wissenschaftler ließen Studenten Videos von anderen Dozenten ansehen, die nur wenige Sekunden lang waren, und diese dann bewerten. Die Professoren wurden zudem auch von Schülern bewertet, die ein Semester lang bei ihnen studiert hatten. Beide Gruppen gaben denselben Lehrern hohe und niedrige Bewertungen.
Den Grund für eine solch rasche Einordnung sieht Van Edwards in der Evolution. „Das sind evolutionsbiologische Mechanismen“, so die Forscherin. „Früher ging es dabei ums Überleben, wir hatten nur einen winzigen Moment Zeit, um herauszufinden, ob eine fremde Person uns wohlgesonnen war oder ob wir kämpfen oder fliehen sollten. Deshalb halten wir uns in diesen wenigen Sekunden noch immer an dasselbe gelernte Bewertungsschema.“
Mimik, Gestik und Körperhaltung helfen bei der Einordnung
Dabei handle es sich um ein dreistufiges Verfahren. Zunächst prüfe das Bewusstsein die Sicherheitslage. Sollten wir also bleiben oder fliehen? Dann wird das Selbstbewusstsein des Gegenübers eingeschätzt und damit die Frage, ob er eher wie ein Anführer oder ein Mitläufer wirkt. So würden Menschen dazu neigen, Anführern mehr zu vertrauen. Drittens: Menschen versuchen herauszufinden, ob die Person ein Unterstützer oder ein Gegner ist. Ob sie einem in schwierigen Situationen helfen und für die eigenen Bedürfnisse da sein wird, sei für die Attraktivität ein entscheidender Faktor.
Dabei würde man sich in erster Linie an Mimik, Gestik und Körperhaltung orientieren. Tatsächlich sei es ironischerweise unerheblich, ob uns jemand zunächst optisch attraktiv oder abstoßend erscheint. Viel mehr komme es für die Aufmerksamkeit gegenüber einer Person an. Dies habe die Monica Moore, Professorin für experimentelle Psychologie, in den USA herausgefunden. Entsprechend hänge die Attraktivität einer Person primär davon ab, wie sehr man einer anderen Person signalisiert, dass man für sie verfügbar ist.
„Wenn Sie in einer Bar auf Ihr Date warten und dieses zur Tür reinkommt, dann ist es ganz entscheidend, wie es auf Sie zugeht“, so Van Edwards gegenüber der SZ. „Nimmt diese Person Augenkontakt mit Ihnen auf und hält ihn, wendet sie Ihnen ihr Gesicht, ihren Körper zu? Lächelt sie? Was macht sie mit ihren Händen […]? All das sind Signale für: Ich bin jetzt ganz da für dich, ich bin für dich verfügbar. Je mehr dieser Verfügbarkeitssignale die Person an Sie sendet, desto attraktiver wirkt sie höchstwahrscheinlich auf Sie.“
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