Das deutsche Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) unter Peter Altmaier (CDU) meldete kürzlich euphorisch: „Die Stromversorgung in Deutschland wird Jahr für Jahr „grüner“. Der Anteil der erneuerbaren Energien am Stromverbrauch wächst beständig: von rund sechs Prozent im Jahr 2000 auf rund 38 Prozent im Jahr 2018. Damit wurde die Zielmarke von 35 Prozent für das Jahr 2020 bereits vorzeitig übertroffen.
Bis zum Jahr 2025 sollen 40 bis 45 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. So sieht es das Erneuerbare-Energien-Gesetz – kurz EEG – vor.“ Das Umweltbundesamt (UBA) in Dessau weist in seiner im am 18. Dezember 2019 veröffentlichten Aufrechnung des Beitrags verschiedener Energiequellen zur Elektrizitätsversorgung Deutschlands zusätzlich darauf hin, dass der Beitrag erneuerbarer Energieträger zur Stromerzeugung im Jahre 2018 erstmals so groß war wie die Beiträge von Braun- und Steinkohle ((22,5 bzw. 14,1 Prozent) zusammengenommen. So scheint sich Deutschland auf dem besten Weg zum Ziel „100 Prozent Erneuerbare“ zu befinden.
Als Vorbild gilt das nördliche Nachbarland Dänemark, wo die „Erneuerbaren“ im vergangenen Jahr einen Anteil von 75 Prozent der Elektrizitätserzeugung erreichten. Beim Verbrauch lag dort der Regenrativen-Anteil allerdings nur bei 65 Prozent. Das weist darauf hin, dass die Stromversorgung Dänemarks stark importabhängig ist. Dänemark kann sich seinen hohen Anteil von volatilem, das heißt zufallsabhängigen Windstrom im nationalen Stromverbrauchs-Mix (15,7 von insgesamt 33,5 Terawattstunden) nur leisten, weil es als zentral zwischen Norwegen, Schweden und Deutschland platziertes Land jederzeit fehlenden Strom von seinen Nachbarn importieren kann (im Jahresmittel 17 Prozent des Gesamtbedarfs). Dabei produzieren die dänischen Wind-Turbinen in den windreichen Wintermonaten einen Elektrizitäts-Überschuss, während das Land in den windschwächeren Sommermonaten meistens Strom importieren muss (das meiste davon aus Schweden und Deutschland). Es ist fraglich, ob Deutschland mit seinem Elektrizitätsbedarf von insgesamt 508,3 TWh sich an diesem Modell orientieren kann.
Abgesehen von der Wasserkraft und der Vergasung von Biomasse, haben die regenerativen Energien nicht nur den Nachteil der Zufallsabhängigkeit. Sie sind auch nicht fähig, von sich aus eine konstante Frequenz des Wechselstromnetzes zu generieren. Für die Dänen stellt das allerdings kaum ein Problem dar. Der gesamte Elektrizitätsbedarf Dänemarks ist kaum größer als der des deutschen Bundeslandes Schleswig-Holstein. Schon allein wegen der Größenverhältnisse brauchen sich die Dänen keine Sorgen um die Stabilität der Netzfrequenz von 50 Hertz zu machen. Im Zweifelsfall können die Nachbarländer immer als Taktgeber für die Netzfrequenz fungieren. Das ist bei den deutschen Stromnetzen, die bislang nur relativ schwach mit den Netzen der Nachbarländer gekoppelt sind, nicht unbedingt garantiert. Es kommt hier mehr auf das Verhältnis zwischen nicht volatilen, das heißt grundlastfähigen zu volatilen Energiequellen an. Während die Kapazität der grundlastfähigen Energiequellen seit 2005 fast konstant geblieben ist, sind die volatilen Kapazitäten seither kontinuierlich gestiegen. Seit 2018 liegen sie mit 105 gegenüber 97 Gigawatt (GW) deutlich über den verlässlichen Kapazitäten. Der deutsche Spitzenbedarf liegt bei etwa 80 GW. Wind und Sonne könnten rein rechnerisch den gesamten deutschen Strombedarf decken, doch in der Realität haben sie das an keinem einzigen Tag getan. Im Gegenteil: Es gab vor allem im Winter Episoden, an denen ihr Beitrag für die Stromversorgung gegen Null tendierte.
Sollte Deutschland, wie von der Politik vorgegeben, nach der Stilllegung des letzten Kernkraftwerks im Jahre 2022 bis 2038 auch noch alle Kohlekraftwerke abschalten, blieben als Ersatz nur noch Gaskraftwerke. Schon 2023 werden die deutschen Grundlast-Kapazitäten nicht mehr ausreichen, um in einer windstillen Winternacht einen flächendeckenden Blackout zu verhindern. Heute beträgt der Anteil der Gaskraftwerke am deutschen Strom-Mix lediglich 13,2 Prozent. So sieht nun selbst Anja-Isabel Dotzenrath, die Chefin der Regenerativen Sparte des RWE-Konzerns, in Deutschland kaum noch Ausbaumöglichkeiten für „Erneuerbare“ und dafür große Perspektiven für Gas. Das aber ist einer der teuersten Energieträger. Schon jetzt zahlen die deutschen Privatkunden die höchsten Strompreise in Europa. Sie müssen sich darauf einstellen, schon bald noch viel stärker zur Kasse gebeten zu werden.