Ein Großteil technisch-elektrischer Geräte wird heute mit Akkus betrieben. Um den immer größer werdenden Anforderungen gerecht zu werden, wird intensiv nach neuen Speichermaterialien geforscht. Silizium besitzt eine enorme Speicherkapazität im Vergleich zu den Speichermaterialien in gewöhnlichen Lithium-Ionen-Batterien. Allerdings haben Silizium-Ioden einen Haken, sie besitzen aufgrund ihrer Empfindlichkeit eine nur sehr kurze Lebensdauer und eine instabile Speicherkraft. Aus diesem Grund konnte Silizium in der Speichertechnologie bisher kaum eingesetzt werden. Materialwissenschaftler aus Kiel könnten dies in Zukunft ändern.
Innovationstransfer zwischen Wissenschaft und Industrie
Am Institut für Materialwissenschaft der Universität Kiel wird seit nahezu drei Jahrzehnten zu Silizium und seinen Einsatzmöglichkeiten geforscht. Die jahrelang gesammelten wissenschaftlichen Erkenntnisse sollen nun mit den Kompetenzen der RENA Technologies GmbH kombiniert werden. Gemeinsam mit dem Unternehmen aus der Solartechnik sollen Anoden für Akkus aus 100 Prozent Silizium hergestellt werden. Bisher enthalten die Anoden herkömmlicher aufladbarer Batterien lediglich 10 bis 15 Prozent. Mit einer gemeinsam entwickelten Technik könnte man das Speicherpotenzial maximal ausschöpfen. Das innovative Forschungsprojekt startete bereits 2017 unter dem Namen: „Entwicklung und Charakterisierung von großflächigen, porösen Si-Film-Anoden für Lithium-Schwefel-Silizium-Energiespeichern“. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung förderte das Projekt mit insgesamt einer Million Euro, um die Entwicklung einer leistungsfähigen Batterie und ihrer kostengünstigen Herstellung voranzutreiben.
Silizium als Hoffnungsträger in der Speichertechnik
Seit das Speicherpotenzial des Materials bekannt ist, wird vor allem im Bereich der Elektromobilität zu den Einsatzmöglichkeiten geforscht. Materialwissenschaftlerin Dr. Sandra Hansen erklärt warum: „Theoretisch ist Silizium das beste Material für Anoden in Akkus. Es kann bis zu zehnmal mehr Energie speichern als Graphit-Anoden in herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien.“ Auf dieser Basis wären Akkus schneller aufgeladen und würden länger halten. Dadurch könnten beispielsweise Elektroautos längere Strecken zurück legen und so unsere Mobilität maßgeblich beeinflussen.
Außerdem ist das Material nahezu unbegrenzt verfügbar und findet sich fast überall auf der Welt am Strand, denn herkömmlicher Sand besteht fast ausschließlich aus Siliziumoxid. „Silizium ist nach Sauerstoff das zweithäufigste Element der Erde und damit eine nahezu unbegrenzte, kostengünstige Ressource“ ergänzt Dr. Sandra Hansen.
Problem: Silizium ist energiedicht und hochempfindlich
Bis jetzt scheiterten alle Versuche jedoch an der Lebensdauer der Anoden. Ihre Haltbarkeit war zu gering, um sie in Akkus zu verwenden. Das Material ist einfach zu empfindlich. Da Silizium der Stoff mit der höchsten Energiedichte ist, kann es besonders viele Lithium-Ionen aufnehmen. Dadurch dehnt es sich um bis zu 400 Prozent aus und würde beim Aufladen, wo sich die Ionen zwischen Anode und Kathode hin und her bewegen, auf Dauer auseinanderbrechen. Mit einem neuen innovativen Konzept wollen nun Forscher des Instituts für Materialwissenschaft der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und die Firma RENA Technologies GmbH dieses Problem beheben. Hierfür wird die Oberfläche von Silizium auf Mikroebene speziell strukturiert, um das Speicherpotenzial von Silizium komplett auszuschöpfen. Dies wäre ein vollkommen neuer Ansatz im Bereich der Energiespeicherung. Ziel ist es außerdem, lang haltbare Anoden industriell fertigen zu können.
Ergebnisse werden auf der Messe Hannover präsentiert
Wie die Silizium-Anoden genau hergestellt werden und wo sie eingesetzt werden könnten, präsentieren die Universität Kiel und RENA Technologies GmbH diese Woche auf der Hannover Messe vor. „Die Kooperation der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und RENA Technologies GmbH vereint die jahrzehntelangen Erfahrungen der Grundlagenforschung höchst effizient mit der industriellen Prozess- und Anlagenentwicklungs-Expertise“, verkündet der Senior Vice President Technology der RENA Technologies GmbH Dr. Holger H. Kühnlein. Professor Rainer Adelung, Leiter der Arbeitsgruppe Funktionale Nanomaterialien an der Universität ergänzt: „So bekommen wir Erkenntnisse aus der universitären Grundlagenforschung schnellstmöglich in die industrielle Anwendung. Das ist wirklicher Innovationstransfer.“