Windräder sind oft extremen Wetterbedingungen ausgesetzt. Besonders heftige Windböen sind eine starke Belastung für Windkraftanlagen. Am Windenergie-Institut in Flensburg wurde eine Technik entwickelt, die helfen könnte, mögliche Schäden in Zukunft zu verhindern.
„Wenn eine Windböe sich nähert, können die Rotorblätter rechtzeitig aus dem Wind gedreht werden, um die Belastung der Anlage zu reduzieren“, erklärt Professor David Schlipf von der Hochschule Flensburg. Die von ihm entwickelte Technik soll es Windrädern möglich machen, drohende Windböen bereits im Anflug zu erkennen, um entsprechend reagieren zu können. Der Geschäftsführer im Bundesverband Windenergie, Wolfram Axthelm, betont, „wie wichtig es ist, dass sich Forschung und Lehre konzentriert den Herausforderungen der Energiewende zuwenden“. Seiner Einschätzung nach wird sich Deutschland in naher Zukunft allein auf Wind- und Solarenergie stützen.
Windräder sollen Böen in Zukunft ausweichen
Schlipf leistet auch nach Einschätzung der Hochschule Pionierarbeit in der Entwicklung von Windenergieanlagen. Ausgangspunkt der Forschung von Schlipf ist die Unbeständigkeit des Windes. „Wind ist nicht nur etwas, das man mit einer Windkraftanlage ernten will. Es ist auch etwas, das sich immer wieder stark ändert, auf das man sich immer wieder neu einstellen muss.“ Bisher war es lediglich möglich, den Wind zu messen, der direkt auf die Windräder einwirkt. Der Rotor dreht sich in der Folge schneller, wodurch die Anlagen stärker belastet werden. Schlipf hat eine Technik entwickelt, bei der das Windrad die Rotorblätter aus dem Wind nehmen kann. So weicht es der Belastung aus und die Anlage läuft insgesamt ruhiger.
Wie wird Wind sichtbar?
Um aber auf Windböen reagieren zu können, müssen Windräder rechtzeitig in der Lage sein, sie zu erkennen. Hier liegt die Innovation in Schlips Forschungsansatz. „Wenn man den Wind vorhersagen kann, kann man die Blätter schon vorzeitig in die richtige Position bringen. Und dann kann eine Windböe einfach durch die Anlage hindurchgehen, ohne viel Schaden zu verursachen“, erklärt er. Deshalb sollen Windräder lernen, Windböen zu erkennen. Ein schwieriges Unterfangen, denn Wind ist unsichtbar, nur seine Effekte sind wahrnehmbar. Mit der Technik aus Flensburg erkennen die Anlagen nicht den Wind selbst, sondern die Schwebeteilchen, die sich in der Luft befinden. Die sogenannten Aerosole sind winzig kleine, feste oder flüssige Teilchen, wie beispielsweise Salzkristalle aus dem Meer aber auch Feinstaub von der Autobahn.
Fünf Sekunden reichen aus
Um deren Bewegungen vorhersagen zu können nutzt Schlipf ein Lidar-Messgerät. Hierbei werden Laserimpulse ausgesendet, die von den Aerosolen reflektiert werden. „Das funktioniert wie eine Art Radar, aber mit Licht“, sagt der Professor. Es wird auf dem Dach der Gondel montiert und kann so Distanzen von bis zu 300 Metern erfassen. Wieviel Zeit einem Windrad bleibt, um auf die Windböe zu reagieren, hängt von der jeweiligen Windgeschwindigkeit ab. Bei einer Windgeschwindigkeit von 20 Metern pro Sekunde und 100 Metern Sichtweite, blieben der Anlage fünf Sekunden, um die Rotorblätter einzuklappen. Nach der Einschätzung reicht die Zeit sogar, um die Anlage zusätzlich in eine Art Sicherheitsmodus zu schalten.
Auch im Alltag von Nutzen
Aber nicht nur bei starken Winden ist die neue Technik von Vorteil. Im Normalbetrieb wird die Leistung erhöht, in dem sich die Anlagen, der Windrichtung anpassen. Das könnte nach Einschätzung von Schlipf die Laufzeit der Anlagen um bis zu fünf Jahre verlängern. „Was wirtschaftlich nutzbar ist, wird zurzeit von Turbinenherstellern untersucht“, erklärt er dazu. Er denkt bereits über Offshore-Anlagen auf schwimmenden Plattformen nach. Diese sollen nicht nur dem Wind, sondern auch Wellen ausweichen können. Wenn es auch hier möglich wäre, präzise Vorhersagen zu treffen, könnte das für mehr Stabilität sorgen. Vorstellbar wäre ein solcher Ansatz mithilfe von großen Unterwasser-Paddeln oder Ballasttanks.