Folgt man den Studienergebnissen der Fraunhofer-Gesellschaft, dann wird grüner Wasserstoff ein Kernelement des zukünftigen Energiesystems. Dieser biete unterschiedliche Vorteile und sei unentbehrlich, wenn es darum geht, die gesteckten Klimaziele zu erreichen.
Das Klimaschutzprogramm sieht vor, dass Deutschland seine Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um 55 Prozent senkt. Bis zum Jahr 2050 soll mit Ausnahme der Landwirtschaft in allen Sektoren eine weitgehende Treibhausgasneutralität erreicht werden.
In der „Wasserstoff-Roadmap für Deutschland“ des Fraunhofer-Instituts heißt es, dass diese Ziele sowie die Begrenzung der globalen Erwärmung auf unter 2 °C nur erreicht werden können, wenn der Anteil fossiler Energieträger auf ein Mindestmaß reduziert werde. Stattdessen, so die Einschätzung, müsse eine „nachhaltige Energiekreislaufwirtschaft installiert werden, die in erheblichem Maß auf Wasserstoff basiert“.
Die Elektrolyse sei bei der Erzeugung von Wasserstoff die zentrale Technologie. Für eine flächendeckende Anwendung müsse demnach eine Kostensenkung auf unter 500 €/kW angestrebt werden. Eine Verringerung könne durch Skaleneffekte sowie Automatisierungen in der Produktion erreicht werden.
Wasserstoff noch eine Nische
Derzeit spiele Wasserstoff für die Direktnutzung sowie zur Weiterverarbeitung im Energiesystem kaum eine Rolle, so das Forschungsinstitut. Dies könnte sich jedoch bereits rasch ändern. Hierbei sei auch die Politik gefordert. Damit sich eine leistungsfähige Elektrolyse- und Zuliefererindustrie entwickeln könne, seien transparente sowie zuverlässige Rahmenbedingungen notwendig. Zudem gelte es, nicht ausschließlich nationale Regelungen zu treffen: Nach ihrer Empfehlung sollte ein „europäisch/international einheitliches Nachweis- und Zertifizierungssystem für grünen Wasserstoff etabliert werden“. Auch eine Diskussion über weitere Anreizsysteme sowie eine gerechte CO²-Bepreisung erachtet die Forschungsgemeinschaft für notwendig.
Wasserstoff komme in den unterschiedlichen Bereichen eine große Bedeutung zu, unter anderem in der Industrie, im Gebäudesektor, aber auch bei der Mobilität. Spätestens ab dem Jahr 2025 sollte die Kommerzialisierung von Brennstoffzellen-Busse, -Pkw, -Zügen und -Lkw starten, wie die Fraunhofer-Gemeinschaft anrät. Hierfür sei es wichtig, bereits jetzt den Ausbau der Infrastruktur, beispielsweise durch H2-Tankstellen, zu forcieren. Dass es diesbezüglich bereits Fortschritte gibt, verdeutlicht ein Blick auf Konzerne im Mobilitätsbereich. So verkündeten Daimler und Volvo erst Ende April, in Kooperation Wasserstoffantriebe für LKWs zu bauen und ihre Kompetenzen bündeln zu wollen.
Baden-Württemberg will H2-Vorreiter werden
Unterdessen laufen die Forschungen auf Hochtouren. Am 27. April verkündete das Wirtschaftsministerium Baden-Württembergs, zum weltweiten Vorreiter bei grünem Wasserstoff werden zu wollen. Das Bundesland sei hierfür prädestiniert, da es über eine starke exportorientierte Industrie verfüge. Marc-Simon Löffler, Leiter des Fachgebiets regenerative Energieträger, betonte, dass Wasserstoff „überall auf der Welt effizient, kostengünstig und nachhaltig mit Elektrolyse-Komponenten aus dem Südwesten erzeugt werden“ soll. An dem Projekt sind unter anderem die Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt sowie die Hahn-Schickard Gesellschaft für angewandte Forschung beteiligt.
Genannte Vereinigungen sowie die Fraunhofer-Gesellschaft sind mit der Einschätzung bezüglich der Wichtigkeit von Wasserstoff nicht alleine. Weltweit legen immer mehr Länder Wasserstoff-Strategien vor. Wer sich im H2-Bereich nachhaltig durchsetzt, wird sich unterdessen erst noch zeigen müssen. Der aktuelle Stand der Forschung lässt es jedoch naheliegend erscheinen, dass Wassersoff in den nächsten Jahren erheblich an Bedeutung gewinnen wird.