Ganz gleich ob Klimabilanz, CO2-Fußabdruck oder Flugscham: Nachhaltigkeitsthemen sind in aller Munde. Und auch neueste wissenschaftliche Erhebungen zeigen, dass das Umweltbewusstsein der Verbraucher ansteigt. Allerdings ändern sich die tatsächlichen Verhaltensweisen ungleich langsamer.
Nach Informationen des Umweltbundesamtes ist das Fliegen die klimaschädlichste Art, sich fortzubewegen. Demnach verursacht ein Flug von Deutschland auf die Malediven und wieder zurück pro Person eine Klimawirkung von über fünf Tonnen CO2.
Wie eine im März veröffentlichte „Bitkom“-Studie zeigt, sind sich die Verbraucher der Problematik durchaus bewusst. Von 1.003 Befragten geben 67 Prozent an, dass sie die aktuelle Diskussion um die Klimawirkung des Reisens begrüßen. 39 Prozent vertreten wiederum die Auffassung, dass es unverantwortlich sei, viel zu fliegen. Im selben Atemzug kompensieren allerdings nur 8 Prozent der Reisenden ihren CO2-Ausstoß.
Nachhaltigkeit in der Modebranche
Indes ist es nicht nur die Reisebranche, die zunehmend in der Kritik steht. Auch die konventionelle Modeindustrie sorgt für Diskussionen. Nach Daten des Textiles Economy Report hat sich die Textilproduktion in den letzten 15 Jahren verdoppelt. Zudem werden weniger als 1 Prozent der Materialien der ausgesonderten Klamotten für die Produktion neuer Kleidungsstücke recycelt. Insgesamt, so das Fazit, trage die Modeindustrie erheblich stärker als die Luftfahrt zur Umweltverschmutzung bei.
Und wieder scheint sich das Muster zu bestätigen: die Verbraucher sind sich dessen zumindest in Teilen bewusst, passen ihr Verhalten jedoch allenfalls marginal an. Knapp 72 Prozent der Befragten einer Erhebung des Marktforschungsinstituts M-Science halten es für wichtig, nachhaltig zu konsumieren. Etwas mehr als jeder Dritte betont sogar, bei dem Kauf von Kleidung auf Nachhaltigkeitsaspekte zu achten. Dessen ungeachtet ist weniger als 1 Prozent der im Handel verfügbaren Mode als „nachhaltig“ gekennzeichnet, faktisch ist das Phänomen noch eine Randerscheinung – wobei hierbei unklar ist, ob das geringe Angebot ein Resultat der geringen Nachfrage ist.
Trendrichtung erkennbar
Allerdings, auch das machen die Daten des Forschungsinstituts deutlich, macht man es sich zu leicht, wenn die Verantwortung ausschließlich den Verbrauchern zugeschoben wird. Unterschiedliche Faktoren führen dazu, dass nachhaltige Produkte seltener in den Einkaufswagen der Kunden landen. Jeder zweite Befragte nannte den Grund, dass die Produkte schlichtweg zu teuer seien. Zudem sei die Kennzeichnung der nachhaltigen Produkte oftmals nicht eindeutig. Knapp jeder fünfte ist hingegen der Auffassung, dass man den Herstellern nachhaltiger Produkte zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vertrauen könne.
Zwar deuten die Ergebnisse an, dass es noch eine Kluft zwischen den Einstellungen und den tatsächlichen Verhaltensweisen gibt. Dass eine nachhaltige Lebensweise jedoch zumindest in den Köpfen an Wichtigkeit zunimmt, scheint kaum einer ernsthaft anzuzweifeln. Zumal, da die Entwicklung keineswegs langsam voranschreitet.
Zumindest in der Modebranche erwarten die Einkaufschefs der Unternehmen ein starkes Wachstum. Mehr als die Hälfte der Verantwortlichen halten das Thema Nachhaltigkeit in der Kleidungsindustrie für eine der wichtigsten Geschäftsstrategien, wie aus einer Befragung von McKinsey hervorgeht. Und obwohl sich der Markt jährlich verfünffache, gebe es noch zu meisternde Hürden, wie Karl-Hendrik Magnus, Partner bei McKinsey & Company, konstatiert: „Es ist noch ein weiter Weg zu objektiven Standards, die international verbindlich sind. Erst dann wird noch mehr Tempo in die Entwicklung kommen“.
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