Das Genscheren-Prinzip ist ein neues Gentechnikverfahren, bei dem auf den Einsatz von fremden Genen verzichtet wird. Die Genschere ließe sich besonders gut in der Pflanzenzüchtung einsetzen und würde die Produktion von Lebensmitteln schneller und kostengünstiger machen. Über die Frage, ob die Technik im Lebensmittelanbau eingesetzt werden sollte, ist allerdings ein Streit entbrannt.
Gegner und Befürworter der Genscheren
Gegner warnen vor bislang nicht vorhersehbaren Risiken. Sie berufen sich hierbei auf das Vorsorgeprinzip, wonach mögliche Umweltschäden präventiv vermieden werden sollen. Wissenschaftler hingegen erwidern, dass ein solches Verständnis des Vorsorgeprinzips bedeuten würde, dass man Zuchtpflanzen allgemein nicht mehr ohne Weiteres anbauen und essen dürfe. Durch den Einsatz von Strahlung oder Chemikalien können unter Umständen deutliche unkontrolliertere Mutationen stattfinden, als bei der Genscheren-Technik. „Aus meiner Sicht haben die neuen Methoden keine anderen Risiken als herkömmliche Züchtungsmethoden“, erklärt Goetz Hensel vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung in Gatersleben in Sachsen-Anhalt gegenüber dem Spiegel. Mit einer Genschere wird es möglich, Pflanzen zu züchten, die auch längere Trockenzeiten gut überstehen. Auch der Einsatz von Chemischen Düngern und Schädlingsbekämpfungsmitteln könnte bei den schneller wachsenden Pflanzen minimiert werden. Gegner hingegen fürchten, dass der Einsatz der neuen Technik nicht der Umwelt, sondern der Profitgier der großen Agrarkonzernen dienlich ist. Sie begrüßen die bisher strengen Regelungen zum Anbau gentechnisch veränderten Nutzpflanzen.
Was unterscheidet die Genschere von anderen Gentechnikverfahren?
Wissenschaftler betonen in der Diskussion die Unterschiede zu bisherigen Gentechnikverfahren. Zuvor war Gentechnik immer mit größeren Eingriffen verbunden. Entweder es wurden Informationen fremder Gene eingesetzt oder ganze Gene ganz lahm gelegt beziehungsweise entfernt. Diese Art von Eingriff machte den Organismus als eindeutig gentechnisch verändert erkennbar. Ein Eingriff mit einer Genschere hingegen hinterlässt keine Spuren. Eine Unterscheidung wird damit kompliziert bis unmöglich. Mit der neuen Gentechnik kann das Erbgut nur angeschnitten werden. Die verletzte Zelle beginnt dann denn Schnitt zu reparieren. Hierbei entstehen Mutationen, die man auch aus der Natur kennt. Sonnenstrahlen sind beispielsweise in derselben Art in der Lage DNA anzuschneiden und diesen Prozess auszulösen.
Bioökonomierat fordert Novellierung des Gentechnikrechts
Erst kürzlich entschied der Europäische Gerichtshof, dass das neue Verfahren unter das strenge Gentechnikrecht fällt. Damit müssen alle durch Genscheren veränderten Pflanzen ein langes und strenges Zulassungsverfahren bestehen. Im Anschluss werden sie als gentechnisch verändert deklariert, auch dann, wenn man sie bei Gentests gar nicht von anderen Züchtungen unterscheiden kann. Das hatten Wissenschaftliche Fachgesellschaften kritisiert und die Politik aufgefordert, die Gesetze zu lockern. Im Anschluss kam auch der Bioökonomierat zu dem Ergebnis, dass man die Vorschriften überarbeiten sollte. Das Gremium wurde einberufen, um die Bundesregierung hinsichtlich einer umweltfreundlicheren Wirtschaft bei weiterhin gutem Wachstum zu beraten. In einer Mitteilung zu Genscheren schreibt das Gremium, dass Deutschland die „Biologische Revolution“ nicht verpassen dürfe, weil es sein Gentechnikrecht nicht rechtzeitig modernisiere. Das aktuelle Recht sei den neuen Techniken nicht mehr angemessen und müsse überarbeitet werden.