In einer neuen Studie haben Forscher herausgefunden, dass die Vogelbestände in der Europäischen Union teils kritisch zurückgehen. Sie zeigt, dass fast einer von sechs Vögeln über die letzten 40 Jahre verschwunden ist. Besonders betroffen sind hierbei die Arten, welche bisher als selbstverständlicher Bestandteil der heimischen Fauna galten.
600 Millionen Vögel weniger als vor 40 Jahren
Der Frühlingsanfang wird traditionell von Vogelgesang musikalisch begleitet. Doch diese Naturkulisse wurde schon in den letzten Jahren immer leiser und eintöniger, wie eine kürzlich veröffentlichte Studie der University of East Anglia zeigt. Der Veröffentlichung zu Folge verlor Deutschland in den letzten 25 Jahren über 15 Millionen Vögel. Hier wurde vor allem der Rückgang der Kiebitz und Feldlerchen-Populationen als Grund für die Veränderung der Gesangskulisse angegeben.
Doch neue Erkenntnisse zeigen noch extremere Zahlen auf. Die Studie, die von einem Team um Fiona Burdes des RSPB Centre for Conservation Science durchgeführt wurde, zeigt jetzt, dass seit 1980 die Zahl der europäischen Vögel um über 600 Millionen zurückgegangen ist. Besonders schwer traf es den Hausspatz (Passer domesticus). Seine Bestände halbierten sich in den letzten 40 Jahren, was einem Verlust von 250 Millionen Tieren entspricht.
Ein Fünftel der europäischen Vögel verschwunden
Auch sein naher Verwandter, der Feldsperling, musste einen herben Rückgang der Population hinnehmen. Hier zählten die Wissenschaftler 68 Millionen weniger Exemplare. Besonders betroffen vom Rückgang scheinen Vögel zu sein, welche im Kulturland leben. So sank der Bestand an Schafstelzen um 100 Millionen Individuen, bei Staren waren es 75 Millionen. Als Gesamtergebnis gibt die Studie ein Minus von knapp 20 % der kompletten Vogelbestände in der EU an. Als besonders gefährdet gelten zudem Zugvögel. Diese sind gleich doppelt von einer Zerstörung des Lebensraums betroffen, wenn sie in das südliche Afrika ziehen. Und gerade diese Tiere sind es, die auch durch Jagd weiterhin bedroht sind.
Obwohl die Studie keine Gründe für das Verschwinden untersucht hat, geben die Forscher einige mögliche Ursachen an. Neben den schädlichen Änderungen in der Landwirtschaft ist auch der Rückgang von Nist- und Futterplätzen problematisch. Außerdem minimierten Krankheitsausbrüche, wie die aviäre Malaria, immer wieder bestimmte Vogelpopulationen.
EU-Gesetze zeigen Wirkung
Allerdings gibt die Studie auch Grund zur Hoffnung. Auch wenn die europaweiten Vogelbestände weiterhin sinken, scheint der Trend doch langsamer zu werden. Die gesetzlichen Regulierungen zum Vogelschutz in der EU scheinen Wirkung zu zeigen. So sei bei einigen Raubvögeln die Gesamtzahl gestiegen, nachdem ihr Schutz gesetzlich verbessert und der Einsatz von Pestiziden beschränkt wurde. Ohne diese Maßnahmen wäre das Ergebnis bei vielen Arten wohl deutlich schlimmer ausgefallen.
Auch andere Arten konnten von Schutzmaßnahmen profitieren. So konnten die Bestände von Vögeln, welche hauptsächlich in Wäldern oder an Gewässern leben, in den letzten Jahren teils stark steigen. Besonders gut entwickelten sich zum Beispiel Zilpzalpen, Amseln, Zaunkönige oder Mönchgrasmücken. Der Zuwachs kann allerdings den totalen Rückgang nicht abfedern.
Die Hauptautorin der Studie hofft durch die Ergebnisse auf einen Denkanstoß, wie sie in einer Pressemitteilung des RSPB mitteilt: „Unsere Studie ist ein Weckruf für die sehr reale Bedrohung durch das Aussterben von Arten und einen stillen Frühling. Wir brauchen transformative Maßnahmen in der gesamten Gesellschaft, um die Natur- und Klimakrise gemeinsam zu bewältigen.“
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