„Dieses beispiellose Ereignis hat unsere Annahmen über das antarktische Klimasystem auf den Kopf gestellt“, berichtet Klimaforscher Jonathan Wille in der Washington Post. Der Wissenschaftler spricht über einen neuen Wärmerekord, der am kältesten Punkt der Erde aufgestellt wurde. -17,7 °C wurden am vergangenen Freitag in der Wostok-Station in der Antarktis gemessen. Das ist satte 15 °C wärmer als die bislang höchste Temperatur dieses Ortes.
Normalerweise liegen die Temperaturen in Wostok im März bei -53 °C
Er habe nichts Vergleichbares gesehen, ergänzt Ted Scambos von der Universität Colorado gegenüber der Nachrichtenagentur AP. Bislang war Wostok schließlich durch seine außerordentliche Kälte bekannt, die sonst nirgends auf dem Planeten erreicht wurde. Am 20. Juli 1983 wurde die niedrigste Lufttemperatur aller Zeiten gemessen: -89,2 °C. Im Durchschnitt werden im März Temperaturen von -53° kaum überschritten. Das zeigt, welches Extrem der neue Wert darstellt.
Laut Forschern ist nicht nur der Messwert selbst verwunderlich, sondern auch der genaue Zeitpunkt. Eigentlich geht die Antarktis gerade in den Herbst über und muss jeden Tag rund 25 Minuten weniger Sonnenlicht aushalten. Die Schlussfolgerung, dass die Erderwärmung immer weiter zunehme und daher auch in der Antarktis nun Rekordtemperaturen erreicht werden würden, lässt sich allerdings laut Wille nicht so einfach tätigen.
Ursache noch ungeklärt
Die genauen Umstände der Messung seien tatsächlich bislang noch unerforscht. Jedoch ist damit zu rechnen, dass die Folgen des globalen Klimawandels durch derartige Ereignisse beschleunigt werden könnten. Auch die Rekordwerte selbst werden eher in einem Umfeld von höheren Temperaturen auf dem gesamten Planeten möglich.
Der Spiegel zitiert für die Ursachenforschung den US-Meteorologen Walt Meier. Er gehe davon aus, dass ein „großer atmosphärischer Fluss“ dafür gesorgt hat, dass warme und feuchte Luft vom Pazifik in die Antarktis geströmt ist. Dies hätte die Lufttemperatur in diesem eigentlich kalten, trockenen Ort so schlagartig verändern können. Ob es in Zukunft in Wostok vermehrt zu solchen Ausschlägen kommen wird, bleibt abzuwarten. Denkbar scheint ein solches Szenario alle Mal, da sowohl Meeresströme als auch atmosphärische Winde die direkten Konsequenzen eines wandelnden Weltklimas in sich tragen.
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