Forschern der TU München ist gelungen, eine Erklärung für das immer wiederkehrende Massensterben von Bachforellen zu finden. Die Entdeckung ist für die Wissenschaft und Naturschutz eine kleine Sensation, immerhin wird seit Jahrzehnten nach der Ursache gesucht.
Das mysteriöse Massensterben der Bachforelle findet immer in denselben Flussabschnitten statt. Bisher war unklar, warum sich die Haut der Bachforellen erst dunkel färbt und die Tiere kurz darauf sterben. Nun ist es Prof. Ralph Kühn und seinem Team von der TU München gelungen, das Phänomen mit einem bestimmten Erreger in Verbindung zu bringen. Mit modernen Analyse-Methoden zeigten sie, dass eine Infektion bei den Fischen das „Proliverative Darkening Syndrom“ (PDS) auslöst. Die Suche nach dem Auslöser der PDS-Krankheit war schwierig, denn lange Zeit wusste man nicht einmal, ob man nach einem Umweltgift, einem Parasiten, einem Bakterium oder einem Virus suchen sollte.
Forscher suchten zehn Jahre nach der Ursache für das Sterben der Bachforelle
Der Durchbruch ist zehn Jahren intensiver Forschung zu verdanken. Kühn und sein Team bauten an zwei Stellen der Iller Versuchstationen auf. Eine im Unterlauf bei Kempen, wo es jährlich zum Massensterben der Bachforelle kommt und eine weitere im Oberlauf, bei Obersorf, wo es noch nie zu einem solchen Vorfall kam. Die Versuchstationen beinhalteten zwei Aquarien, die durch das Flusswasser gespeist wurden. Im Zeitraum von Mai bis September entnahmen die Forscher täglich Gewebeproben von Fischen innerhalb des Aquariums. Die Proben wurden anschließend tiefgekühlt und ins Labor der Universität gebracht, um sie dort mit verschiedenen molekulargenetischen Verfahren, sogenannten Next Generation Technologies, zu analysieren. Damit konnte das Erbgut der Fische tiefgehend untersucht werden.
Die Antwort ist in den Genen zu finden
Die Analysen gaben zunächst Aufschluss über den Verlauf der PDS-Krankheit. Während die Fische zu Beginn noch gesund erschienen, erkannte man im weiteren Verlauf Veränderungen an den inneren Organen, wie Nieren und Leber. Erst in der letzten Phase färbte sich die Haut der Bachforellen dunkel, bevor sie kurz danach verenden. Dieser Verlauf ließ die Forscher schnell auf einen Virus schließen. Mit den neuen Verfahren untersuchten und charakterisierten sie den Krankheitsverlauf auf der Ebene der Genantwort. Im Anschluss wurden die komplette Nukleotid-Abfolgen allen Erbguts von Bachforellen mit einer ähnlichen Immunreaktion bestimmt.
Suche nach der Nadel im Heuhaufen
Die Suche nach Übereinstimmungen entsprach der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Um die Informationsmenge bewältigen zu können, brauchte es deshalb bestimmte Computerprogramme. Und eines davon wurde fündig. Das Programm „Deep Bioinformatic Processing“ konnte Teile des genetischen Profils eines Erregers ausfindig machen. Im Anschluss verglich des das gefundene Profil mit dem Erbgut bereits identifizierter Viren. In erweiterten Analysen des machten es virusspezifische Sequenzierungen möglich, das Erbgut der Viren näher zu bestimmen. Es stellte sich heraus, dass es sich bei dem in Deutschland entdeckten Erreger im ein Piscine Reo-Virus handelt, der auch große Lachsbestände im Pazifik und Nordatlantik befällt. Damit ist die Ursache für das Massensterben der Bachforelle zwar geklärt, aber weitere Untersuchungen sind geplant. Kühn und sein Team wollen nun herausfinden, warum sich das Virus nur in bestimmten Bereichen von Alpenflüssen ausbreitet. Außerdem soll untersucht werden, inwieweit der globale Fischhandel ein Faktor für die Verbreitung des Erregers sein könnte.