Die Harry-Potter-Reihe von J.K. Rowling ist seit Jahren bei den Fans beliebt. Leser aller Altersgruppen verlieben sich in die magische Welt, die sie geschaffen hat. Jetzt untersucht eine neue, in Oxford Open Economics veröffentlichte Arbeit die wirtschaftlichen Aspekte der Harry Potter-Serie und vergleicht sie mit professionellen Wirtschaftsmodellen.
„Harry Potter“ ohne klares Wirtschaftsmodell
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass einige Aspekte dieser Wirtschaft zwar mit den gängigen Wirtschaftsmodellen übereinstimmen, viele andere Aspekte jedoch verzerrt sind und den Ansichten der professionellen Ökonomen widersprechen. Dies ist insofern von Bedeutung, als die Harry Potter-Reihe von Menschen aller Altersgruppen häufig gelesen wird und es möglich ist, dass die Serie Einfluss auf die öffentliche Wahrnehmung der Wirtschaft hat und diese prägt. Daher sei es wichtig zu verstehen, inwiefern sich die Wirtschaft in der Harry-Potter-Welt von den professionellen Wirtschaftsmodellen unterscheidet und welche Auswirkungen dies auf die Leser haben könnte.
Die Studie legt nahe, dass die Ökonomie der Harry Potter-Bücher bei Weitem nicht einheitlich links oder rechts angesiedelt ist. Tatsächlich fanden die Forscher heraus, dass die Bücher Ideen aus verschiedenen Modellen und Weltanschauungen vermischen. So stehe das Pottersche Wirtschaftsmodell beispielsweise marktwirtschaftlichen Systemen kritisch gegenüber, verunglimpft aber gleichzeitig die Regierung. Diese sei korrupt, wird aber von der Öffentlichkeit unterstützt. Studienautor Daniel Levy von der Bar-Ilan University äußert sich laut einer Mitteilung wie folgt:
„Ein naiver Leser von Harry Potter würde ein verzerrtes Bild der Wirtschaft bekommen. Betrachten wir einige der Lektionen, die wir aus der Potterschen Wirtschaft lernen: Die Märkte sind nicht fair, denn die Transaktionen sind Nullsummen; der politische Prozess ist nicht transparent; die Märkte fördern den Vetternkapitalismus; die Kapitalisten wollen das Proletariat versklaven; die Geschäftsleute sind trügerisch und verschlagen; die Reichen sind gemein und unethisch; auf Einlagen werden keine Zinsen gezahlt; es gibt ein Informationsmonopol; die Macht ist konzentriert; Ignoranz gegenüber Ausländern ist die Norm; einheimische Produzenten werden vor ausländischer Konkurrenz geschützt, selbst wenn sie ineffizient sind; Papierschecks gibt es nicht; kreatives Denken ist selten; Humankapital akkumuliert sich nicht; Angestellte des öffentlichen Dienstes haben lebenslange Arbeitsplatzsicherheit, unabhängig von ihrer Effizienz; der öffentliche Sektor ist der Standardarbeitgeber; soziale Mobilität nach unten ist die Norm; es gibt einen ständigen Klassenkampf. Dies ist nur eine unvollständige Liste.“
Ein unpraktisches Geldsystem
Auch dem monetären System widmeten sich die Ökonomen. Die Harry Potter-Bücher spielen demnach in einer Welt, in der Geld aus Edelmetallen hergestellt wird, dessen Kaufkraft jedoch nichts mit seinem Warenwert zu tun hat. Die Umrechnungskurse zwischen Galleon, Sichel und Knut sind Primzahlen, was Transaktionen, die mehr als eine Münzsorte betreffen, sehr unpraktisch macht. Außerdem ist das Geld nicht leicht lagerbar, teilbar, tragbar und homogen, was unerlässlich ist, damit es als effizientes Tauschmittel oder Wertaufbewahrungsmittel dienen kann.
Die fehlende Teilbarkeit zwinge Einzelhändler allerdings dazu, runde Preise zu verwenden, was zu einer ineffizienten Preisgestaltung führt. Zum Beispiel ändern sich Preise, die in Galleonen angegeben sind, auch nur um Galleonen, so dass die Händler nicht auf kleine Schocks reagieren können. Mangelnde Tragbarkeit bedeutet, dass das Mitführen von Münzen umständlich ist, und mangelnde Homogenität macht es schwierig, den Wert einer bestimmten Menge von Münzen zu schätzen. Daher sei die in den Harry Potter-Büchern verwendete Währung ineffizient und unpraktisch. „Die […] Unzulänglichkeiten kennzeichnen viele reale Volkswirtschaften“, so Levy weiter. „Dies erklärt vielleicht, warum das Pottersche Wirtschaftsmodell bei den Menschen Anklang findet. Trotz seiner Ungenauigkeiten steht es im Einklang mit der Volkswirtschaft, die zwar für das menschliche Wohlergehen im Smith’schen Sinne vielleicht problematisch ist, aber die Ansichten der Bevölkerung zu vielen wirtschaftlichen und sozialen Fragen erfasst und widerspiegelt.“