Laut der Weltgesundheitsorganisation WHO umfasst das Menschenrecht auf Gesundheit vier wesentliche Elemente: Verfügbarkeit, Zugänglichkeit, Annehmbarkeit und Qualität. Dass eine flächendeckende Gesundheitsversorgung tatsächlich einen Unterschied macht, zeigt nun eine neue Studie aus Spanien. So stellten die Forscher in vier lateinamerikanischen Ländern fest, dass eine verbesserte Primärversorgung zu einer deutlichen Reduktion der Kindersterblichkeit führte.
Sterblichkeit von Neugeborenen um ein Drittel gesenkt
Wie die Wissenschaftler des Barcelona Institute for Global Health (ISGlobal) im Fachmagazin The Lancet Global Health zeigen, konnten in den den vergangenen zwei Jahrzehnten in Brasilien, Kolumbien, Ecuador und Mexiko über 300.000 Kinderleben gerettet werden. „Dies ist der erste umfassende Versuch, die Auswirkungen von PHC (primary health care, auf deutsch: primäre Gesundheitsversorgung, Anm. d. Red.) als Makrostrategie in vier Ländern zu bewerten, die den Großteil der Bevölkerung (62 %) in Lateinamerika repräsentieren“, erklärt ISGlobal-Forscher Davide Rasella, Leiter der Gruppe für Gesundheitsauswirkungsbewertung.
Die Studie, die retrospektiv von 2000 bis 2019 durchgeführt wurde, analysierte Daten zur PHC-Abdeckung und zur Sterblichkeit von Kindern bis zum fünften Lebensjahr. Zudem wurden Prognosemodelle bis zum Jahr 2030 unter verschiedenen wirtschaftlichen Szenarien verwendet. Dabei fanden die Forscher heraus, dass eine hohe Abdeckung der Primärversorgung mit bedeutenden Reduktionen der Sterblichkeit bei Neugeborenen (um fast 30%) und Kindern unter fünf Jahren verbunden war. Die Auswirkungen waren besonders stark bei armutsbedingten Erkrankungen und impfpräventablen Krankheiten zu beobachten.
Experten empfehlen Ausweitung der Gesundheitsversorgung
Doch die Forscher blickten nicht nur in die Vergangenheit, sondern untersuchten auch mögliche Szenarien für die Zukunft. So prognostizieren sie mithilfe von Modellen, dass im Szenario einer mäßigen Wirtschaftskrise bis 2030 in den vier Ländern 142.285 Kindersterbefälle vermieden werden könnten, indem die PHC-Abdeckung erhöht wird.
In Anbetracht der sozioökonomischen Folgen der COVID-19-Pandemie betonen die Autoren, dass die Ausweitung der Primärversorgung zum Schutz der wachsenden Zahl vulnerabler Bevölkerungsgruppen eine effektive Strategie sei, um die gesundheitlichen Auswirkungen der aktuellen Wirtschaftskrise abzumildern und die Nachhaltigen Entwicklungsziele im Bereich der Kinderheilkunde zu erreichen. „Unsere Befunde zeigen, dass die Ausweitung der Primärversorgung, um die wachsende Zahl anfälliger Bevölkerungsgruppen zu schützen, eine wirksame Strategie ist, um die gesundheitlichen Auswirkungen der aktuellen Wirtschaftskrise zu mildern und die Nachhaltigen Entwicklungsziele in Bezug auf die Kindergesundheit zu erreichen“, so Erstautorin Ana Moncayo vom Center for Research on Health in Latin America (CISeAL).
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