Die Forschung rund um die Lungenkrankheit Covid-19 läuft auf Hochtouren. Nun wurden zwei Studien veröffentlicht, die nahelegen, dass Cannabis sowie Nikotin präventive Wirkungen entfalten könnten. Allerdings sind die Erhebungen mitunter umstritten – zumal, da bei der Kommunikation der Studienergebnisse Stolpersteine lauern.
Forscher des französischen Instituts Pasteur vertreten die Auffassung, dass eine Substanz im Tabak – höchstwahrscheinlich Nikotin, so ihr Fazit – es verhindern könne, dass Raucher an Covid-19 erkranken. Von 500 untersuchten Patienten betrug der Anteil der Raucher lediglich 5 Prozent. Demnach seien unter diesen „rund 80 Prozent weniger Raucher als bei einer dem Alter und Geschlecht entsprechenden Gruppe in der allgemeinen Bevölkerung“, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) konstatiert.
Die französischen Wissenschaftler vermuten indes, dass das Nikotin an den Zellrezeptoren andocke, an welcher sich auch Covid-19 festsetze. Dies führe dazu, dass sich das Virus nicht weiterverbreiten könne. Aktuell werde getestet, ob es hilfreich sei, gewisse Gruppen wie medizinisches Personal mit Nikotinpflastern vor der Krankheit zu schützen.
Obgleich die Forscher einen positiven Effekt des Nikotins vermuten, warnen diese davor, dies als Freibrief für Raucher zu sehen. So seien auch diese durchaus von dem Coronavirus betroffen, mitunter sogar mit schwerwiegenderen Symptomen.
Förderliche Effekte durch Cannabis
Kanadische Forscher behaupten auf Grundlage ihrer bisherigen Erhebungen unterdessen, dass auch bestimmte Wirkstoffe der Cannabis-Pflanze therapeutisch wirksam gegen Covid-19 eingesetzt werden könnten. So müsse das Spike-Protein auf der Virushülle an die ACE2-Rezeptoren der Wirtszellen binden. Cannabis-Wirkstoffe sorgen dafür, dass das Coronavirus nur noch eingeschränkt in die Wirtszellen eindringen kann. Zumindest behaupten dies die kanadischen Wissenschaftler.
Vor allem Cannabis-Pflanzen der Gruppe sativa, welche einen hohen Gehalt an Cannabinoid Cannabidiol (CBD) aufweisen, seien als Therapeutikum geeignet: „Die Extrakte unserer erfolgreichsten und neuartigsten Cannabis-sativa-Linien mit hohem CBD-Gehalt können bis zur weiteren Untersuchung eine nützliche und sichere Ergänzung zur Behandlung von Covid-19 als Zusatztherapie sein“, wie es in der veröffentlichten Studie heißt.
Fernab von Covid-19 kommt Cannabis auch gegen zahlreiche weitere Krankheiten zum Einsatz. So teilt die Bundesärztekammer mit, dass die Wirkstoffe unter anderem bei der Behandlung gegen Depressionen, Spastiken sowie Darmerkrankungen eine förderliche Wirkung entfalten könnten.
Zahlreiche Unwägbarkeiten
Folgt man den Studienergebnissen, dann könnte Nikotin die Ansteckungsgefahr verringern, CBD wiederum Symptome lindern. Allerdings gilt es, sorgfältig abzuwägen. Zum einen sollte der Teufel nicht mit dem Beelzebub ausgetrieben werden. Soll heißen: Sollten Raucher dieser Tage sogar noch ermunternd werden, könnten der Schaden weitaus größer sein, als der Nutzen. Nicht zuletzt deshalb, weil der Konsum das Entstehen zahlreicher Krebserkrankungen begünstigt. Auch im Falle von Cannabis gilt es, das Für und Wider genauestens zu analysieren.
Eine ergebnisoffene Forschung ohne eingeschränkten Blickwinkel scheint insbesondere in Zeiten, in denen rasche Lösungen gefragt sind, vonnöten. Gleichzeitig ist es wichtiger denn je, Studienergebnisse kritisch zu hinterfragen.
So berichtete European Scientist bereits Anfang Mai, dass zahlreiche Wissenschaftler bemängeln, dass aufgrund des Zeitdrucks mitunter die Qualität der Erhebungen leide. Zwar seien widersprüchliche Studien nichts Schlechtes, da der kritische Diskurs die Wissenschaft voranbringe. Und auch das Veröffentlichen von ungeprüften Studien habe Vorteile. Nichtsdestotrotz gelte es, so der Rat zweier Ethiker aus den USA, vor einer etwaigen Medikation zahlreiche Tests durchzuführen. Ob Nikotin sowie Cannabis tatsächlich geeignet sind, um Covid-19 einzudämmen respektive die Symptome zu lindern, wird sich unterdessen erst noch herausstellen müssen. Dass die Forschung Fortschritte vermeldet, dürfte allerdings Grund zu Optimismus geben.
Image: Marketeering Group/Flickr