Edgar L. Gärtner
Von pulmonal-arterieller Hypertonie (PAH) spricht man, wenn der Blutdruck der Arterie zwischen dem linken Herzen und der Lunge dauerhaft über 25 mm Hg erhöht ist. Der Blutdruck-Anstieg ist die Folge einer Verengung der Lungenarterie durch die Verdickung der glatten Gefäßmuskulatur und der Innenschicht. Diese wiederum ist die Folge eines ungehemmten Zellwachstums, das an Krebs erinnert. Ein Überschuss gefäßverengender Hormone wie Endothelin, Serotonin und Thromboxan und ein gleichzeitiger Mangel an gefäßerweiternden Faktoren wie Prostazyklin und Stickstoffmonoxid sorgen für eine weitere Verengung des Arterienquerschnitts. Der dadurch verminderte Blutfluss bewirkt eine schlechtere Sauerstoffversorgung des ganzen Körpers. Die Krankheit macht sich durch allgemeine Leistungsschwäche, Kurzatmigkeit und geringe körperliche Belastbarkeit bemerkbar.
Seit 2013 unterscheiden die Herz-Lungen-Spezialisten fünf Formen der PAH:
1. die idiopathische Form der PAH, von der ohne sichtbare äußere Ursache nur das Lungen Gefäßsystem betroffen ist. Sie geht vermutlich auf genetische Mutationen zurück.
2. PAH infolge einer Linksherzerkrankung. Bei dieser zahlenmäßig häufigsten Form der PAH erhöht sich infolge einer Erkrankung der linken Herzhälfte der pulmonal-venöse Blutdruck, wovon dann auch die Lungenarterie betroffen ist.
3. PAH infolge von Erkrankungen der Lunge und/oder der Bronchien wie COPD und damit einhergehendem Sauerstoffmangel.
4. Chronisch-thromboembolische PAH in der Folge wiederkehrender Lungenembolien,
5. PAH mit unklarem oder multifaktoriellem Mechanismus.
Ferner unterscheiden die Mediziner vier Schwereklassen der Erkrankung, die von Müdigkeit ohne Einschränkung der körperlichen Aktivität (I) über leichte Einschränkungen (II), deutliche Einschränkung bei nur 60 Prozent Sauerstoffsättigung des Blutes (III) bis zur Insuffizienz des rechten Herzens mit Atemnot bereits im Ruhezustand und einer Sauerstoffsättigung unter 50 Prozent (IV) reichen.
Bislang ist PAH nicht heilbar. Seit 2005 ist das ursprünglich vom US-amerikanischen Pfizer-Konzern als Potenzmittel entwickelte Medikament Sildenafil (bekannt unter dem Markennamen Viagra©) für die symptomatische Behandlung von PAH zugelassen. (Viagra führt zur Gefäßerweiterung durch die Bildung von Stickstoffmonoxid.) Um PAH auch kausal behandeln zu können, müsste man mehr über ihre genetischen Ursachen wissen. Wichtigster Gegenstand der Forschung ist derzeit die Auslösung der idiopathischen Form der PAH. Bleibt diese unbehandelt, führt sie in 50 Prozent der Fälle zum frühen Tod der Patienten. Damit beschäftigt sich zurzeit die aus Indien stammende Forscherin Dr. Soni Pullamsetti am renommierten Max-Planck-Institut (MPI) für Herz- und Lungenforschung in Bad Nauheim (Hessen). Vor kurzem erhielt Dr. Pullamsetti für ihre Forschungsarbeit einen „Consolidator Grant“ des European Research Council (ERC) der Europäischen Union in Höhe von 2 Millionen Euro.
Dr. Pullamsetti verfolgt die Hypothese, dass das unkontrollierte Zellwachstum in der Wand der Lungenarterie auf eine Embryonalisierung zurückgeht. Man konnte bereits feststellen, dass bei der PAH ein Netzwerk von Genen aktiv ist, das normalerweise bei der Embryonalentwicklung eine Rolle spielt. „Bei der Lungenhochdruckerkrankung ist eine ganze Reihe von Genen aktiv, die bei der Embryonalentwicklung ebenfalls eine Funktion haben. Diese bilden ein Netzwerk und beeinflussen sich gegenseitig. Wir möchten die EU-Gelder dafür nutzen, diese Gen-Netzwerke zu entschlüsseln“, erklärt Dr. Pullamsetti.
(Bildquelle: Lungeninformationsdienst Helmholtz Zentrum München)