„Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“; nicht nur in so mancherlei Bildungseinrichtungen scheint diese vermeintliche Weisheit zum Grundmotto zu verkommen. Dabei kann Prokrastination bei Studierenden mit mehreren bedenklichen Gesundheitsrisiken verbunden sein. Eine aktuelle Studie will das nun belegt haben.
Stress, Schlafmangel und andere Probleme
Etwas bis zum letzten Moment aufzuschieben, etwa eine unangenehme Aufgabe, kennen wahrscheinlich die meisten Menschen aus ihrem Alltag. Bei Studierenden, die während des Studiums häufig in Eigenverantwortung arbeiten müssen, kommt das sogar noch häufiger vor. Mindestens die Hälfte der Universitätsstudierenden prokrastiniert in problematischem Ausmaß, erklären Gesundheitswissenschaftler gegenüber dem JAMA Network Open. Etwas aufzuschieben, könne dabei mit fehlender Gewissenhaftigkeit zusammenhängen. Meistens nehmen Menschen dabei bewusst in Kauf, dass das Aufschieben von Aufgaben die Situation noch verschlimmern kann und sich über mögliche Auswirkungen nicht bewusst.
Eine weitere Studie mit über 3.500 schwedischen Universitätsstudenten hat nun untersucht, ob Prokrastination tatsächlich zu einer Verschlechterung der Gesundheit führen kann. Dazu hat die Untersuchung „Sustainable University Life“ Hochschulstudenten von acht Universitäten in Schweden über ein Jahr hinweg beobachtet. Zudem wurde die Tendenz der Studierenden auf einer Skala eingeteilt. Das Team aus schwedischen Gesundheitswissenschaftlern konnte dabei endlose Aufschieben von Aufgaben mit einer „Verschlechterung der Gesundheit neun Monate später“ in Verbindung gebracht werden. Die Ergebnisse zeigen, dass Studierende mit einer Neigung zum Handlungsaufschub später eher mit Gesundheitsproblemen zu kämpfen haben. Unter den Symptomen waren Depressionen und Stresssymptome, ungesunde Lebensgewohnheiten, wie schlechte Schlafqualität, Alkoholkonsum und Bewegungsmangel, mehr Einsamkeit und größere finanzielle Schwierigkeiten. Studierende mit einem höheren Maß an Prokrastination berichteten auch häufiger über behindernde Schmerzen in den Schultern oder Armen.
Was kann man dagegen tun?
In Anbetracht der Tatsache, dass Prokrastination unter Universitätsstudenten weit verbreitet ist, könnten diese „Ergebnisse von Bedeutung sein, um das Verständnis für die Gesundheit von Studenten zu verbessern“, sagt Fred Johansson, einer der Autoren, der die Studie im JAMA Network Open mitveröffentlichte. Einige Ergebnisse „klinischer Studien deuten darauf hin, dass eine psychologische Behandlung das Ausmaß von Depressionen und Angstzuständen verringern und die Lebensqualität verbessern“ kann. Tatsächlich kann Prokrastination bei einer starken Neigung zu einem Problem werden, das behandelt werden muss. Doch zum Glück ist sie nur bei den wenigsten Menschen so stark ausgeprägt.
Das jeweilige Verhalten eines Menschen beim Prokrastinieren kann dabei individuell sein. Daher können für jeden Einzelnen ganz unterschiedliche Tipps gegen das Aufschieben helfen. Die Uni Münster empfiehlt, sich gezielt alternative Arbeitsgewohnheiten anzugewöhnen. Realistische Ziele können ebenfalls bei einer strukturierten Aufgabenverteilung helfen. Wer sich also häufig dabei erwischt, etwas bis zur letzten Sekunde hinauszuzögern, kann direkt etwas dagegen tun.