Einer der Gründe für Übergewicht kann ein mangelndes Sättigungsgefühl sein. Denn wer nicht merkt, dass er längst satt ist, isst mehr, als er benötigt. Lange vermutete man die Ursache in einem gestörten Transport des Sättigungshormons Leptin. Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums München haben nun mit der Hilfe eines neuen 3D-Bildgebungsverfahrens die Annahme widerlegt. Ihre Forschungsergebnisse veröffentlichten sie kürzlich im „International Journal of Obesity“.
Ständiger Hunger, trotz ausreichend Nahrung
Leptin spielt als Hormon, eine wichtige Rolle für unser Sättigungsgefühl. Es wird vom Fettgewebe gebildet, und umso mehr davon im Körper ist, desto mehr wird im Blut freigesetzt und erreicht durch die Blut-Hirn-Schranke das Sättigungszentrum des Gehirns. Das Sättigungshormon aktiviert dabei bestimmte Rezeptoren in den Nervenzellen. So wird dem Gehirn Sättigung signalisiert und eine Einstellung der Nahrungsaufnahme erreicht. Wenn das Gehirn nicht mehr auf das Hormon reagiert, kommt es zu einer Leptin-Resistenz. Die Folge ist ständiger Hunger, obwohl die Fettspeicher bereits voll sind. Man vermutet, dass Leptin-Resistenz eine der Hauptursachen für Übergewicht und Adipositas ist.
Mit neuer 3D-Bildetechnologie dem Leptin auf der Spur
„Leptin wird in dicken Mäusen und Menschen in hoher Konzentration vom Fettgewebe in die Blutbahn freigesetzt, aktiviert aber nicht deren Sättigungszentren im Gehirn. Bislang ging man davon aus, dass die Ursache ihrer Hormonresistenz ein gestörter Transportprozess ist“, erklärt Luke Harrison, Doktorand am Helmholtz Zentrum und Erstautor der Studie. Die Vermutung war bisher, dass das Leptin durch eine Störung nur noch eingeschränkt durch die Blut-Hirn-Schranke transportiert wird. Somit kommt weniger an den Sättigungszentren an, der Hunger bleibt, obwohl genug Nahrung aufgenommen wurde. Ist der gestörte Transport des Hormons die Ursache für ein mangelndes Sättigungsgefühl? Dieser Frage widmete sich die Forschergruppe aus München, in dem sie den Weg des Hormons im Gehirn als Video nachverfolgten. Möglich waren die Untersuchungen durch ein neuartiges 3D-Bildgebungsverfahren, mit dem sich Leptin erstmals sichtbar machen ließ.
Annahme widerlegt
Das Forscherteam unter der Leitung von Dr. Paul Pfluger, Partner im Deutschen Zentrum für Diabetesforschung, bestand aus Biologen, Pathologen sowie Strukturbiologen. Gemeinsam konnten sie mit dem neuartigen Bildgebungsverfahren die bisherige These von dem gestörten Leptin-Transports widerlegen. Sie konnten nachweisen, dass das Hormon bei Mäusen immer in ausreichender Menge in das Gehirn gelangt, egal, ob sie Übergewicht hatten oder nicht. Aus dieser Erkenntnis schlossen die Wissenschaftler, dass die Ursache für das gestörte Sättigungsgefühl in den Nervenzellen selbst liegen muss. „Wir können die Ursache von Leptin-Resistenz nun eingrenzen und unsere Forschung auf die molekularen Mechanismen innerhalb der Nervenzellen fokussieren“, erläutert Dr. Paul Pfluger und erklärt, dass sie mit der Erkenntnis bereits einen Schritt weiter sind. „Sind alle Abläufe in unserem Sättigungsverhalten entschlüsselt, können wir neue Therapien gegen Fettleibigkeit entwickeln und dicke Menschen gezielt beim Abnehmen unterstützen.“
Chinesische Heilkunst und moderne Medizin
Besonders die aktuelle Forschung am Tiermodell, wäre ein wichtiger Schritt bei der Entwicklung neuer Behandlungsmaßnahmen, erklärt der Biologe Pfluger. „Die Reaktion des Körpers auf das Leptin wiederherzustellen ist für adipöse Patienten ein wichtiger Schritt, nur damit lässt sich die Nahrungsaufnahme regulieren.“ Die Wissenschaftler konnten auch zeigen, dass die Substanz Celastrol, die Leptin-Sensitivität wiederherstellt und das Körpergewicht sinken lässt. Celastol wird auch in der chinesischen Medizin verwendet. Es gibt also weitere Ansätze, denen sich die Forschung am Helmholtz Zentrum München in Zukunft intensiviert widmen möchte. Hierfür wurde auch das neue Helmholtz-Institut für Metabolismus-, Adipositas- und Gefäßforschung (HI-MAG) gegründet. Das Insititut in Leipzig bietet deutschlandweit die einzige Möglichkeit, klinische Studien zur Leptin-Ersatztherapie mit Menschen durchzuführen.
Insulin ist ein Hormon der Bauchspeicheldruse, das in Ihrem Korper eine zentrale Rolle spielt, wenn es darum geht, Gewicht zu verlieren oder zuzunehmen: Insulin steuert nicht nur Ihren Blutzuckerspiegel, sondern auch die Verarbeitung und das Speichern von Fetten. In Ihrem Fettgewebe offnet ein hoher Insulinspiegel die Turen zur Fetteinlagerung und blockiert gleichzeitig die Ausgangsturen. Das Insulin bewacht Ihre Fettpolsterchen also geradezu und ist beim Abspecken ein echter Klotz am Bein.