Das Tourette-Syndrom ist eine Krankheit, die Mediziner immer wieder vor neue Rätsel stellt. Die Betroffenen leiden regelmäßig an Tics, bei denen sie den ungewollten Bewegungen und Zuckungen ihres Körpers ausgesetzt sind. Die Erkrankung geht häufig mit selbstverletzendem Verhalten und schwerwiegenden sozialen Folgen für die Menschen einher.
Vom Arm bis ins Gehirn
Nur ein Prozent der Menschen weltweit leidet an der neurologischen Erkrankung. Der Großteil der Patienten ist im Kinder- und Jugendalter. Bisher gibt es keine Behandlungsmöglichkeiten. Ein Forschungsteam veröffentlichte nun eine Studie zu Tourette und Nervenstimulation. Sie sehen in ihren Erkenntnissen einen neuen Behandlungsweg für die Betroffenen.
Die Mediziner arbeiteten im Vorfeld der Studie an einem Gerät, welches Nervenstimulation auslöst. Dieses wurde dann an betroffenen Patienten getestet.
„Wir wollten die Wirksamkeit einer Zuhause verabreichten Neuromodulationsbehandlung für Tics bewerten, bei der rhythmische Pulszüge der Medianervstimulation (MNS) verabreicht werden, die über ein tragbares ‚uhrähnliches‘ Gerät am Handgelenk verabreicht werden“, heißt es in einer Miteilung der Forscher.
Das Gerät löst in vorher festgelegten Intervallen regelmäßige Nervenstimulation aus. Durch die Befestigung am Handgelenk wird der Mediannerv von dieser Stimulation getroffen. Diese wandert durch den Nerv bis ins Gehirn und soll dort die Reizungen, die zu den ungewollten Tics führen, reduzieren.
„Das Gerät wurde so programmiert, dass es jeden Tag rhythmische (10 Hz) Züge niedriger (1–19 mA) elektrischer Stimulation an den Mediannerv für eine vorher festgelegte Dauer liefert, und sollte von jedem Teilnehmer einmal täglich, 5 Tage pro Woche, für einen Zeitraum von 4 Wochen in seinem Haus verwendet werden“, so die Forscher weiter.
Signifikante Ergebnisse: Die Therapie zeigt sofortige Wirkung
An der Studie nahmen 121 Tourette-Patienten teil. Bei der Hälfte der Probanden wurde das Gerät so konzipiert, dass es die Stromstöße abgibt. Die anderen Teilnehmer erhielten die gleichen Vorgaben, wussten jedoch nicht, dass das die Stimulation deaktiviert war. Sie dienten als Vergleichsgruppe.
Nach den Befragungen und Untersuchungen konnten die Forscher erfreuliche Werte zusammentragen. Die Häufigkeit der Tics wurde bei den behandelten Teilnehmern um 25 Prozent verringert. Einige Patienten berichteten außerdem über einen reduzierten Zwang, die Bewegungen auszuführen.
Die Forschergruppe ermittelte bei Nachkontrollen zudem einen Rückgang des Schweregrads der Erkrankung. Demnach zeigt die Nervenstimulation nicht nur eine sofortige Wirkung, sondern kann den Patienten auch auf lange Sicht dabei helfen, mit der Krankheit zu leben.
Baldige Markteinführung geplant
Das Forschungsteam hinter der Studie spricht von einer vielversprechenden Entwicklung. Die Wissenschaftler gehen demnach davon aus, dass das Gerät sehr viel Potenzial hat. Nach den erfolgten Untersuchungen arbeiten sie nun an einem marktreifen Produkt: „Dieses Gerät hat das Potenzial, das Leben von Menschen mit dem Tourette-Syndrom dramatisch zu verbessern. Denn es gibt ihnen mehr Kontrolle über ihre Tics. Wir nutzen jetzt die Ergebnisse der klinischen Studie, um ein kommerzielles Gerät zu entwickeln, das dann den Menschen mit Tourette zur Verfügung gestellt werden kann.“
Die Forscher gehen weiterhin davon aus, dass das Gerät der Medizin in den kommenden drei Jahren zur Verfügung stehen wird.