Bild: DPZ Göttingen
Ich habe meine Berichterstattung über die Verbreitung des neuen Coronavirus SARS-CoV-2 mit der begründeten Vermutung begonnen, dass die durch audiovisuelle Massenmedien vielfach verstärkte Panik über die weltweite Ausbreitung der vom Virus ausgelösten Lungenkrankheit Covid-19 viel größerer ökonomischer (und kultureller) Schaden entstehen dürfte als durch die Krankheit selbst. Inzwischen steht zweifelsfrei fest, wie richtig ich damit lag. Ich möchte hier aber keineswegs eine Monopolstellung beanspruchen, denn ich stütze mich auf die Urteile führender Infektologen und Risikoforscher.
Einer von ihnen ist der Virologe Prof. Dr. Chistian Drosten von der Berliner Charité. Drosten erwartet, dass sich in einem Zeitraum von zwei Jahren oder mehr bis zu 70 Prozent aller Deutschen mit SARS-CoV-2 infizieren werden. Bei immerhin etwa 15 Prozent von ihnen dürfte die dadurch ausgelöste Krankheit Covid-19 einen schwereren Verlauf mit Atemproblemen oder gar einer Lungenentzündung o.ä. nehmen. Über 80 Prozent werden symptomfrei oder mit nur leichten Symptomen davon kommen. Drosten ist aber nach wie vor davon überzeugt, „dass wir das Virus hier bei uns auf sehr, sehr kleiner Flamme halten können…“ Selbst bei einer angenommenen Sterberate von nur 0,5 Prozent bedeute das aber, dass die Zahl der Todesopfer durchaus in die Hunderttausende gehen kann. Bei der aktuell errechneten Sterberate von über drei Prozent muss bereits mit Millionen von Todesopfern gerechnet werden. Erste Politiker schlagen eine „kontrollierte Durchseuchung“ der Bevölkerung vor, weil eine Eindämmung der Epidemie schon nicht mehr möglich scheint.
Das Team von Daniel Wrapp von der University of Texas hat entschlüsselt, warum SARS-CoV-2 viel ansteckender ist als das alte SARS-Virus: Die Spike-Glycoproteine des neuen Virus docken mit zehn- bis zwanzigfach höherer Affinität an den bekannten ACE2-Rezeptor der Rachen- und Lungenzellen an. Infektionsbiologen des Leibniz-Instituts Deutsches Primatenzentrum (DPZ) in Göttingen unter Leitung von Stefan Pöhlmann haben im Verein mit Infektologen anderer deutscher Forschungseinrichtungen das Enzym identifiziert, das für den Eintritt von SARS-CoV-2 in Lungenzellen unabdingbar ist: die Protease TMPRSS2. Damit haben die Forscher einen wichtigen Ansatzpunkt für die medikamentöse Bekämpfung von Covid-19 aufgedeckt. Denn in Japan gibt es bereits das Medikament Camostat Mesilate gegen Pankreas-Entzündungen, das gerade die Protease TMPRSS blockiert. Erste Versuche zeigen, dass das auch bei Covid-19-Patienten funktioniert. Das müssen Klinische Studien allerdings noch bestätigen. Wann das Medikament in Europa verfügbar sein wird, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. Aber auch das bewährte Anti-Malaria-Medikament Chloroquin von BAYER gehört zu den heißen Kandidaten für eine medikamentöse Behandlung von Covid-19-Patienten.
Gleichzeitig liefern sich etliche private Institute, angelockt von enormen Umsatz- und Gewinn-Aussichten einen Wettlauf um den erstverfügbaren Impfstoff. Dabei scheint zurzeit das private israelische Migal Research Institute die Nase vorn zu haben. Weit gediehen ist auch die Arbeit der kalifornischen Firma Moderna an einem RNA-Impfstoff, der ein abgewandeltes Glycoprotein S produziert.
Doch bevor Impfstoffe oder Medikamente greifen, wird die Massenpanik um den Corona-Ausbruch allerdings erst einmal zu einer harten Probe für unsere Gesundheitssysteme und in deren Folge zu einem tiefen wirtschaftlichen Einbruch führen, der die Auswirkungen der Finanzkrise von 2008 deutlich übertreffen dürfte. Die Börsen der Welt verzeichnen Kursstürze im zweistelligen Bereich, der Ölpreis ist um mehr als ein Drittel gefallen. In Norditalien, wo jetzt schon etwa 15 Millionen Menschen unter Quarantäne stehen und Covid-19-Patienten inzwischen wie in Kriegszeiten einem Triage-Verfahren unterliegen, das die am meistens gefährdeten älteren Personen von intensiver Krankenhaus-Behandlung ausschließt, kann man schon jetzt studieren, was anderen europäischen Ländern wohl noch bevorsteht.