Brüssel wird sich vor einem Schiedsgericht der Welthandelsorganisation für eine finanzielle Entschädigung aussprechen, nachdem die Handelsregulierungsbehörde entschieden hat, dass das russische Importverbot von europäischem Schweinefleisch politisch motiviert und daher illegal sei.
Die verschärften Spannungen zwischen Russland und dem Westen zur Lage der Ukraine veranlassten den russischen Präsidenten Wladimir Putin, ein Dekret (Beschluss Nr. 778) zu unterzeichnen, das den Import von europäischem Schweinfleisch nach Russland seit Januar 2014 effektiv verbietet. Die Entscheidung des Kremls erfolgte aufgrund von Restriktionen für wichtige Sektoren der russischen Wirtschaft, die infolge der Sanktionen der EU wegen Moskaus Unterstützung der Rebellen in der Ukraine und gegen die Invasion der Krim-Region verhängt worden waren. Die Maßnahme soll bis zum 31. Dezember 2018 gelten.
Der Kreml führte vier vereinzelte Fälle von afrikanischer Schweinepest an, die an Wildschweinen an der litauischen und polnischen Grenze zu Belarus festgestellt worden waren, um das Verbot zu rechtfertigen. Dieses wurde schnell auf das restliche Gebiet der EU ausgedehnt. Das Verbot hatte unmittelbare Folgen auf die EU-Agrarexporte nach Russland – es führte zu einer Abnahme aller europäischen Fleischexporte um 25%, was dazu führte, dass einige Kommentatoren die Krise als „Schweinekrieg“ bezeichnet haben. Die Maßnahme trifft die Landwirte in Dänemark, Deutschland und den Niederlanden besonders hart.
Brüssel hat diese Maßnahme als „zynisch“ und „politisch motiviert“ beschrieben und daher die Welthandelsorganisation (WTO) angerufen, über den Konflikt zu urteilen. Die EU behauptet, die russischen Einfuhrbeschränkungen seien nicht mit den WTO-Regeln konform. Im Jahr 2017 entschied die Handelsbehörde im Rahmen einer Berufungsentscheidung, dass das Schweinefleischimportverbot illegal sei. Das WTO-Panel argumentierte, dass Länder Importe nur dann einschränken können, wenn sie auf „tatsächliche gesundheitliche Risiken“ reagieren würden, während die EU als „seuchenfreies Gebiet“ betrachtet werden kann.
Brüssel wird sich vor einem WTO-Schiedsgremium für eine finanzielle Entschädigung aussprechen. Man geht davon aus, dass Brüssel von Russland Entschädigungen in Höhe von 1,4 Mrd. EUR verlangen wird, die nach Abzug der Zollsenkungen, die Brüssel Russland im Rahmen der WTO-Regeln gewährt hat, noch gezahlt werden müssten. EU-Beamte erklärten, dieses Schlichtungsverfahren soll darüber entscheiden, ob die Höhe der EU-Forderung gerechtfertigt sei. Europa stützt derzeit seinen Entschädigungsanspruch auf den Wert seiner Schweineexporte nach Russland vor der Zeit der Sanktionen. Aber Marktpreisschwankungen könnten die Höhe derer verändern.
Die EU unterstrich, dass sie möglicherweise zusätzliche Zinsen in Höhe von 15 Prozent für die in den folgenden Jahren aus Russland zurückgezahlten Beträge fordern wird.
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