Frisch gemähtes Gras versprüht oft einen prägnanten, wohltuenden Duft. Verantwortlich hierfür sind sogenannte grüne Blattflüchtige (GLVs), also leicht verdunstende Öle, die Pflanzen verwenden, um mit anderen Pflanzen zu kommunizieren und sich gegen Herbivore oder Pathogene wie Bakterien oder Pilze zu verteidigen. Forscher möchten sich diese Öle zunutze machen, um mögliche Anwendungen als Pestizide zu entwickeln. Erste Ergebnisse sind vielversprechend.
Experimente mit Tomatenzellen
„Fast jede Grünpflanze kann bei einem Angriff schnell GLVs synthetisieren und freisetzen, die sowohl direkt Angreifer abwehren als auch indirekt Fressfeinde wie Insekten anlocken und die anderen Abwehrmechanismen der Pflanze aktivieren“, schreibt Biochemikerin Sasimonthakan Tanarsuwongkul von der Universität South Carolina in einer Veröffentlichung im Wissenschaftsmagazin The Conversation.
Wie genau dieser Prozess funktioniert, war bislang noch unklar. Um die Vorgänge also besser zu verstehen, untersuchten Tanarsuwongkul und ihr Team Proteine, die in Tomatenzellen ein- oder ausgeschaltet werden können. Dabei konnten die Forscher feststellen, dass viele Proteine, die an den Signalwegen von GLVs beteiligt sind, auch bei der Regulation von Stress zum Einsatz kommen.
„Pflanzen setzen viele Abwehrsysteme ein, um sich zu schützen“, so die Wissenschaftlerin. „Die erste Verteidigungslinie besteht darin, mikrobielle Eindringlinge und das Vorhandensein von Schäden mithilfe von schadensassoziierten molekularen Mustern (DAMPs) zu erkennen, die von geschädigten oder absterbenden Zellen freigesetzt werden. Wenn eine Zelle einen DAMP identifiziert, löst sie eine Immunreaktion aus und fördert Reparaturmechanismen“. Diese führe auch zu Veränderungen in der Kalziumionenkonzentration, wodurch immunbezogene Gene und Proteine weiter aktiviert werden.
Biopestizide als nachhaltige Alternative zu herkömmlichen Pflanzenschutzmitteln
Die Erkenntnisse aus der Tomatenpflanze unterstützt die Hypothese, dass auch die GLV-Öle wie DAMPs funktionieren, um Abwehrreaktionen zu aktivieren. Damit könnten sie als Biopestizid möglicherweise aggressive rein-chemische Lösungen ersetzen. Solche Biopestizide bestehen aus natürlich vorkommenden Organismen oder Verbindungen, die das Wachstum und die Ausbreitung von Schädlingen unterdrücken. „Die Landwirtschaft stellt häufig eine erhebliche Belastung für die natürlichen Ressourcen und die Umwelt dar“, kommentiert Tanarsuwongkul . „So kann beispielsweise der Einsatz konventioneller Pestizide zu Umweltschäden und Schädlingsresistenzen führen.“
Noch befindet sich der Stand der Wissenschaft um den Nutzen von GLVs für die Landwirtschaft in den Kinderschuhen. Allerdings hat eine Studie bereits nachgewiesen, dass die Öle eingesetzt werden können, um den Käfer Apion miniatum anzulocken, der sich von einem invasiven und schwer zu bekämpfenden Unkraut, Rumex confertus, ernährt. Feldstudien an wilden Tabakpflanzen haben außerdem ergeben, dass die Freisetzung von GLVs attraktiv für Feinde von Pflanzenfressern wirkt. Die Anwesenheit dieser Pflanzenfresser-Konkurrenten kann nicht nur Insektenschädlinge bekämpfen, sondern auch die Produktion der befallenen Pflanzen steigern.