Europas Obstwiesen stellen nicht nur idyllische Landschaften dar, sondern spielen auch eine entscheidende Rolle für die Erhaltung der Biodiversität. Forscher des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung und der Macquarie University rufen nun zu konkreten Maßnahmen auf, um diese Landschaften zu schützen.
Typische Landschaften bedroht
Streuobstwiesen zeichnen sich durch die Kombination von kultiviertem Grünland und vereinzelten Obstbäumen aus. Hier ist eine hohe Artenvielfalt in Flora und Fauna zu finden. Wie eine neue Studie aus dem Fachmagazin Nature Conservation allerdings berichtet, sind diese Lebensräume seit Mitte des 19. Jahrhunderts aufgrund ihres sinkenden wirtschaftlichen Wertes im Rückgang begriffen und heute durch die Aufgabe von Flächen und die Intensivierung der Landwirtschaft bedroht. So schreiben die Wissenschaftler: „In der Europäischen Union zum Beispiel dominieren Agrarlandschaften mit einem Anteil von ca. 40 %. Sie werden zunehmend intensiviert, um höhere Erträge zu erzielen, was zu einem zunehmenden Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln führt“.
Dabei seien nur wenige Organismen an intensiv genutzte Agrarlandschaften angepasst, wie z. B. pflanzenfressende Insekten. „Das Gros der Arten kann jedoch in stark intensivierten Agrarlandschaften nicht überleben und benötigt natürliche oder naturnahe Landschaften“, so die Experten weiter. Demnach sei es für die Erhaltung der biologischen Vielfalt auf landwirtschaftlichen Flächen wichtig, naturnahe Lebensräume zu erhalten. „Dies gilt insbesondere für traditionell genutzte Landschaften, die für viele Arten als Rückzugsgebiet, Nahrungsquelle oder Nistplatz dienen können. Traditionell bewirtschaftete Streuobstwiesen in Mitteleuropa stellen ein solches Refugium für viele bedrohte Arten dar.“
Definition und Schutzmaßnahmen notwendig
„Solange Früchte von Streuobstwiesen auf dem Markt als ‚Nebenprodukte‘ behandelt werden, wird es schwierig sein, die Menschen davon zu überzeugen, lokale Produkte zu kaufen“, kommentiert Studienautorin Cornelia Sattler in einer Pressemitteilung. „Dieser Wandel ist notwendig, um die wirtschaftliche Lücke zwischen intensivem Obstanbau und extensiven Streuobstwiesen zu schließen“.
Um politische Schutzmaßnahmen in die Wege leiten zu können, fordern die Forscher eine klare Definition von Obstwiesen, um einen einheitlichen Begriff in Europa zu schaffen, der ihre Bewertung erleichtern soll. Darüber hinaus empfehlen sie, die typischen Landschaften in die Habitatsrichtlinie des Rates der Europäischen Union aufzunehmen und Landwirte für deren Erhalt zu incentivieren. „Eine Möglichkeit, die öffentliche Unterstützung für den Schutz dieser Lebensräume zu fördern, besteht darin, lokale Produkte von Obstwiesen zu kaufen. Es ist jedoch entscheidend, diese Produkte zu subventionieren und sie auf lokalen Märkten zu priorisieren“, so Sattler.