Tierische Lebensmittel sind in zu hohen Mengen nicht nur ungesund, sondern auch für einen hohen Anteil an Treibhausgasen verantwortlich. Wissenschaftliche Beiräte für Agrar- und Waldpolitik haben bereits Ende 2016 empfohlen, den bisher ermäßigten Steuersatz auf 19 Prozent anzuheben. Dies hat die Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner nun in einem Interview gegenüber der Zeitung taz eindeutig abgelehnt. Aber was sind die Alternativen, um den Konsum tierischer Lebensmittel zu senken?
Fleisch ist nicht nur für Besserverdiener
Klöckner machte in dem Interview deutlich, dass die Bundesregierung keine Steuererhöhung plant. Die Bundeslandwirtschaftsministerin begründete dies mit der Freiheit und damit auch Selbstverantwortung der Verbraucher. Außerdem sollte eine Verringerung des Fleischkonsums nicht zu Lasten von finanziell schwächeren Bürgern gehen, denn „Fleisch soll auch nicht etwas nur für Besserverdiener sein.“ Dies ist eine eindeutige Absage an die Empfehlungen der Forscher, die darauf hinwiesen, dass die Produktion, Distribution und die Zubereitung von Lebensmitteln in Deutschland ein Viertel aller CO2-Emissionen des Landes ausmachen. Tierische Lebensmittel spielen hierbei eine wesentlich tragendere Rolle, als pflanzliche Nahrungsmittel. Klöckner möchte stattdessen „auf Information für eine ausgewogene Ernährung, zu der nicht jeden Tag Fleisch gehört“, setzen. Sie fordert auch mehr Bewusstsein und Engagement der Verbaucher. „Vielen ist gar nicht bewusst, welche Rolle zum Beispiel Lebensmittelverschwendung spielt.“
Ernährungsbildung im Fokus
Pauschale Verbote oder eine einfache Steuererhöhung, hält sie für den falschen Ansatz. Denn im Falle einer Erhöhung, könnte im gleichen Zug beispielsweise der Hartz-IV-Satz erhöht werden. Damit hätte die Steuererhöhung ihrer Meinung nach keinen gravierenden Effekt. Stattdessen möchte das Bundeslandwirtschaftsministerium verstärkt auf Ernährungsbildung setzen. Laut der taz essen Männer in Deutschland fast doppelt soviel Fleisch wie die empfohlene Menge von 600 Gramm. Würde sich der Verbrauch auf diese Menge reduzieren, könnte man in Deutschland 22 Millionen Tonnen Treibhausgas pro Jahr einsparen. Allerdings will die Bundeslandwirtschaftsministerin dies nicht mit einer preislichen Erhöhung oder Verboten erreichen, sondern die Bürger durch Ernährungsbildung zu einer gesünderen Lebensweise bringen. „Es geht nicht darum zu sagen, was ich verbiete oder nicht gut finde, sondern dass wir positiv darüber reden, was ausgewogen und gesund ist. Ich werbe zum Beispiel in Schulen oder in der Altenpflege für eine ausgewogene Ernährung. Da steht Fleisch nicht jeden Tag auf der Tagesordnung, sondern Gemüse und vieles andere. Es geht um Positivbeispiele, um Anreize, Vorbilder, damit die gesunde Wahl zur leichten Wahl wird“, erläutert sie ihren Ansatz.
Anreize für weniger Fleischkonsum
Auf die Frage, wie der Staat Anreize schaffen könnte, um den Fleischkonsum zu verringern, verweist Klöckner erneut auf die Eigenverantwortung der Bürger. Dabei beklagt sie das fehlende Bewusstsein, was die Lebensmittelverschwendung in Deutschland angeht. Im Schnitt wirft jeder Haushalt 55 Kilo Lebensmittel weg, die noch essbar wären. Hier möchte sie die Bürger stärker informieren und ermutigen, ihr Wegwerfverhalten zu verändern. Auch hinsichtlich des Methan-Ausstoßes von Rindern soll intensiver geforscht werden. Beispielsweise, welches Futter weniger Treibhausgase erzeugt. Der Tierschutz soll mit der Einführung eines Tierwohlkennzeichnens, das gesetzliche Mindeststandards sichern soll, gestärkt werden. Dies werde sich auch im Preis der Produkte niederschlagen, aber auch hier habe der Bürger selbst die Entscheidung zu treffen. Dabei verweist sie auch auf die positiven Erfahrungen der Nachbarländer Dänemark und Niederlanden.
Sind Ernährungsbildung und ein Tierwohlkennzeichen ausreichend?
Die taz hingegen schätzt die Vorhaben Klöckners als nicht ausreichend ein, um den Konsum von tierischen Produkten ausschlaggebend zu verringern. Sie fragt, warum nicht weniger für eine gesunde Ernährung und mehr für weniger Fleischkonsum geworben wird. Dabei geht es nicht um ein Verbot, sondern darum, die direkten Verbindungen zwischen einer verstärkt vegetarischen Ernährung und positiven Klimaeffekten deutlich zu machen. Auch das Tierwohlkennzeichen sieht die Journalistin kritisch, denn dies beträfe voraussichtlich nur 20 Prozent der Fleischprodukte. Auf den Hinweis, dass es in Deutschland nach wie vor regelmäßige Verletzungen des Tierschutzgesetzes gibt, antwortet Klöckner, dass eine Kontrolle solcher Verstöße Ländersache sind. Sie befindet sich jedoch in Gesprächen mit den Akteuren, um eine europäische Lösung für eine artgerechte Tierhaltung zu entwickeln.