Alkoholkonsum in der Schwangerschaft hat offenbar weitreichendere Auswirkungen auf Föten als bislang angenommen. Mithilfe einer speziellen MRT-Untersuchung von ungeborenen Babys stellten Forscher der Medizinischen Universität Wien nun fest, dass auch leichter Alkoholkonsum eine veränderte Hirnstruktur zur Folge haben kann, die wiederum zu einer Verzögerung in der Entwicklung führen könnte. Die Erkenntnisse sollen am 27. November auf der Tagung der „Radiological Society of America“ in Chicago präsentiert werden.
Alkoholkonsum in der Schwangerschaft mit Folgen
Das fetale Alkoholsyndrom ist eine Kombination von verschiedenen Defiziten, die Kinder durch den Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft entwickeln können. Dazu zählen etwa eine Lernschwäche, Verhaltensprobleme oder Sprachverzögerungen, in Extremfällen ist mit dem Krankheitsbild sogar ein gewisses Aussehen assoziiert. Diese Symptome werden ausgelöst, weil der Alkohol, den die Mutter während der Schwangerschaft trinkt, direkt in den Blutkreislauf des heranwachsenden Kindes gelangt.
Wie sich dieser Prozess auf Gehirnebene abspielt, ist jedoch nur in Grundzügen bekannt. Deswegen haben mehrere Österreichische Wissenschaftler eine Studie durchgeführt, in der sie die Gehirnstrukturen von 24 Föten untersuchten, deren Mütter während der Schwangerschaft alkoholische Getränke konsumiert hatten. Die ungeborenen Kinder waren zwischen 22 und 36 Wochen alt. Zum Vergleich wurden ebenfalls Föten untersucht, die nicht in Kontakt mit Alkohol kamen.
Zur Bestimmung der Alkoholexposition nutzten die Forscher Fragebogen, die von den Müttern ausgefüllt wurden. Daraufhin wurde eine MRT-Untersuchung am ungeborenen Kind durchgeführt. „Das fetale MRT ist eine hoch spezialisierte und sichere Methode, durch die wir akkurate Aussagen zur pränatalen Hirnentwicklung treffen können“, so Gregor Kasprian, Co-Autor und Professor der Radiologie an der Medizinuniversität Wien, in einer Pressemitteilung.
So konnten die Forscher feststellen, dass die Gehirnstruktur erstaunliche Unterschiede zu Föten aufwies, die keinem Alkohol exponiert worden waren. Der „fetal total maturation score“, der die insgesamte Reife des Ungeborenen angibt, lag bei Föten mit Alkoholkontakt viel niedriger als bei Gleichaltrigen. Die Entwicklung des Gehirns war verzögert – das war besonders an zwei Prozessen erkennbar.
Ungewisse Langzeitauswirkungen
Die sogenannte Myelinisierung, die essenziell für die Funktion der Hirn- und Nervenzellen ist, war gestört. Myelin ist eine Schutzschicht, die Nervenzellen unterstützt. Durch sie können Informationen im Körper schneller übermittelt werden. Wichtige Meilensteine in der Entwicklung von Kleinkindern – wie das Krabbeln oder das Drehen auf den Bauch – sind direkt mit der Myelinisierung verbunden.
Gleichzeitig war die oberste rechte Furche des Temporallappens bei den Föten mit pränataler Alkoholexposition seichter, sprich die Oberfläche des Lappens war kleiner. In anderen Studien wurde nachgewiesen, dass die Oberflächenmenge der Großhirnrinde positiv mit kognitiver Performance korreliert. Wenn die Faltung des Lappens geringer ausfällt, bedeutet das also eine Einschränkung seiner Funktionalität.
Die Ergebnisse sprechen dafür, dass selbst Kinder, die während der Schwangerschaft nur einmal in der Woche Kontakt mit wenig Alkohol hatten, später mit Einschränkungen zu rechnen haben. Trotzdem steht eine endgültige Bestätigung der Daten noch aus. „Um ein Gesamtbild zu erhalten, müssen wir darauf warten, dass die untersuchten Föten geboren und älter werden. Dann werden wir sie zu weiteren Untersuchungen einladen“, so Patrick Kienast, Erstautor der Studie und Doktorand.
Bild von Dirk Wohlrabe auf Pixabay , Artikel von Anna Mikulics