Die Maßnahmen im Angesicht der Pandemie veränderten das Einkaufsverhalten schlagartig. Man denke an geschlossene Geschäfte sowie das enorme Wachstum im Online-Handel. Zwar wird dieser Tage vieles gelockert – und doch könnte es sein, dass einige Veränderungen dauerhafter Natur sind.
Robert Kecskes, seines Zeichens Handelsexperte der Marktforschungsagentur GfK, rechnet damit, dass das Kaufverhalten der Verbraucher sich grundlegend verändere. Dies äußerte er in einem Interview mit dem „Manager Magazin“. Noch nie habe er einen derartigen Absturz des Konsumklimaindex erlebt. Einige würden seiner Meinung nach grundlegendes Überdenken. Auch er rate seinen Kindern inzwischen, dass sie das Leben so leben sollen, wie sie es möchten – die aktuelle Situation zeige, „wie schnell sich alles ändern kann“.https://www.europeanscientist.com/de/landwirtschaft/bio-lebensmittel-werden-verbrauchern-wichtiger-aber-die-skepsis-steigt/
Im Zuge der Corona-Krise sei der Konsum „wasserfallartig abgestürzt“, deutlich stärker als während der Finanzkrise 2008, so Kecskes. Der GfK Konsumklimaindex habe das historische Tief von 23,4 erreicht. Ferner erwarte er keinen Bumerang-Effekt. Soll heißen, dass die Verbraucher den versäumten Konsum nicht nachholen. Vielmehr finde ein weitreichender Wandel statt.
Allerdings sieht er in der Entwicklung durchaus Chancen: „Es wird das Bedürfnis geben, ein gutes, nachhaltiges Leben in Gemeinschaften des sozialen Nahbereichs zu leben […] deutlich anders als früher: nachhaltiger, gemeinschaftlicher“. Bereits unlängst berichtete European Scientist, dass Regionalität den Verbrauchern immer wichtiger wird. Folgt man den Ausführungen des Handelsexperten, dann gewinne Autarkie sowie das Bewusstsein für Regionales künftig noch mehr an Bedeutung.
Nicht per se schlecht für Unternehmen
Obgleich ein Rückgang des Konsumverhaltens durchaus manche Konzerne empfindlich treffen könnte, gebe es bei dem Wandel auch Profiteure. Vor allem Unternehmen, die es schaffen, die neuen Bedürfnisse der Verbraucher zu stillen, könnten gestärkt aus der Krise hervorgehen. Allerdings könnte es durchaus auch sein, so Kecskes, dass Gegenteiliges eintrete: So bestehe die Gefahr, dass sich zunächst nur die großen Konzerne durchsetzen, obwohl der Kunde sich nach Dezentralität und lokalen Angeboten sehne.
Auswirkungen lange spürbar
Auch ein Blick auf andere prägende Ereignisse zeigt, dass Veränderungen in dem Konsumverhalten lange anhalten können. So verweisen US-Ökonomen darauf, dass „nach der Spanischen Grippe von 1918 und auch der jüngsten Rezession von 2009 […] viele Verbraucher über Jahre hinweg zu preisgünstigen Marken wechselten“, wie „Absatzwirtschaft“ berichtete. Insgesamt habe die öffentliche Diskussion über materialistische Werte und Prioritäten über ein Jahrzehnt lang angedauert.
Die Wissenschaftler verweisen auf drei Beobachtungen hinsichtlich des Konsumverhaltens. Erstens sei es durchaus möglich, dass Verbraucher die aufgestaute Nachfrage befriedigen, und den Konsum nachholen. Allerdings könnten die entstandenen finanziellen Einbußen dafür sorgen, dass die Verbraucher diesem Wunsch nicht nachgehen. Zweitens sei es so, dass Kunden nach einer Krisensituation ein verstärktes Bedürfnis nach Sicherheit haben. So wurden in der Vergangenheit „Güter, welche Kontrolle versprechen“ auch nachdem die Ausnahmesituation vorbei war, stärker nachgefragt.
Drittens konstatieren die US-Forscher, dass Menschen nach Krisen weniger dazu geneigt sind, Experimente einzugehen. In punkto Konsum könne dies bedeuten, dass diese auf altbekannte und bewährte Marken zurückgreifen, anstatt neue Experimente einzugehen.
Ob und inwiefern die Covid-19-Pandemie das Konsumverhalten nachhaltig beeinflusst, wird sich indes erst noch zeigen müssen. Allerdings scheint manches dafür zu sprechen, dass das Vor-Krisen-Niveau lange Zeit nicht wieder erreicht wird. Dies könnte das Resultat eines gestiegenen Sicherheitsbedürfnisses sein, oder auch der Tatsache geschuldet sein, dass Materielles für einige an Bedeutung einbüßt.
Bild: Rikolto (Vredeseilanden)/Flickr
sehr interessanter Artikel. Vielen Dank