Seit den 1980ern weiß man, dass die südliche Hemisphäre stürmischer ist als die nördliche. Doch erst jetzt konnten Wissenschaftler mögliche Gründe dank einer Simulation ausmachen. Sie finden sich sowohl an Land als auch zur See.
Norden mit Standortvorteil
Für lange Zeit gab es wenig Daten zu Wetterphänomenen auf der Südhalbkugel. Da das Wetter oftmals nur an Land gemessen wird, hatte die südliche Hemisphäre einen Nachteil – denn sie besitzt weitaus mehr Ozeangebiet als der Norden. Bei Seefahrern, die die Weltmeere erkundeten, war jedoch schon seit Jahrhunderten bekannt, dass die südliche Hemisphäre stürmischer ist. „Die Wellen waren so hoch wie Berge und drohten das Schiff mit jeder Rolle zu übermannen“, schrieb ein Bootsreisender 1849, als er die Spitze Südamerikas umsegelte. Das berichtet die University of Chicago, deren Forscher nun erstmalig Auslöser identifizieren konnten, die erklären, weshalb die Südhalbkugel extremeren und mehr Wetterphänomenen ausgesetzt ist als der Norden.
So fand das Team rund um die US-amerikanische Geophysikerin Tiffany Shaw heraus, dass die Nordhalbkugel aufgrund ihrer hohen Bergketten, aber auch wegen der Wasserzirkulation der Ozeane von stärkeren Winden verschont bleibt. Die Ergebnisse veröffentlichten sie am 5. Dezember im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences“.
Die Forschenden kamen mithilfe von Beobachtungen, Theorien und Simulationen zu ihrem Ergebnis. „Man kann die Erde nicht in einen kleinen Behälter geben“, sagt Shaw in einer Pressemitteilung, „stattdessen verwendeten wir Klimamodelle, die auf physikalische Gesetze aufgebaut sind, und haben Experimente mit unseren Hypothesen durchgespielt“.
Meeresströmung hat ebenfalls Auswirkungen
Nach und nach veränderten die Forschenden die Variablen, durch die das Klimamodell definiert ist, und forschten gründlich nach, wie sich das Wetter dadurch verändert hatte. Als sie alle Berge auf der Erde zu flachem Land umwandelten, war der Unterschied in der Menge und Intensität von Stürmen nur mehr halb so groß. Das bedeute: Eine der wichtigen Gründe, warum es auf der Nordhalbkugel weniger windig ist, sind die hohen Bergketten der nördlichen Hemisphäre.
Doch das war nicht die einzige Variable, die die Stürme veränderte. Eine weitere ist die sogenannte Thermohaline Zirkulation. Bei ihr handelt es sich um eine Meeresströmung, die sich um die ganze Erde und durch fast jeden Ozean zieht – ein Tropfen Wasser durchläuft immer den gleichen Weg durch unsere Weltmeere. Die Thermohaline Zirkulation beeinflusst das Klima auf der gesamten Erde. Scheinbar ist sie auch zur Hälfte der Grund für die stärkeren Winde auf der Südhalbkugel.
„Mit diesem Verständnis können wir die Treffsicherheit von Klimawandelprojektionen erhöhen und die Gesellschaft damit besser auf die Auswirkungen des Klimawandels vorbereiten“, sagt Shaw. „Eine der größten Zweifel in meiner Forschung ist das Verständnis, ob uns die Modelle heute gute Informationen geben, damit wir auf ihre Prognosen über die Zukunft vertrauen können“.
Bild von Maik auf Pixabay, Artikel von Anna Mikulics