Eine deutsche Langzeitstudie birgt neue Antworten auf das Henne-Ei-Problem von Beziehungskrisen und Untreue. So sollen Affären der Studie zufolge meist aus bereits kriselnden Beziehungen hervorgehen.
Seitensprung als Folge von Unzufriedenheit
Die Forschenden analysierten Daten der Panel Analysis of Intimate Relationships and Family Dynamics, einer Studie, die seit 2008 jährlich bei einer bundesweiten Zufallsstichprobe erhoben werden. Dabei nahmen im Schnitt 12.000 Erwachsene in drei Geburtskohorten an der Untersuchung teil.
Die Datenlage fokussiert sich dabei auf das Fremdgehverhalten, die Beziehungszufriedenheit und das psychische Wohlbefinden. Der gesamte Datensatz enthielt etwas unter 1.000 Untreue-Ereignisse. Die Ergebnisse konnten zum ersten Mal zeigen, dass „Untreue eine allmähliche Abnahme des persönlichen und beziehungsbezogenen Wohlbefindens bei Opfern und Tätern vorausging“, teilte die Forschungsgruppe um Autorin Olga Stavrova mit. So zeigen die Daten, dass sich eine Beziehung aus Sicht der Untreuen und ebenso aus Sicht der betrogenen Person bereits vor einer Affäre verschlechtert.
Lange unglücklich oder direkt eine neue Beziehung?
Beide Parteien einer Beziehung seien nach einer Untreue zunächst nicht in der Lage zu ihrem ursprünglichen Wohlbefinden zurückzufinden. Hierfür könnten unterschiedliche Gründe, wie etwa Schuldgefühle, infrage kommen. Mehr als jedes dritte betroffene Paar trennte sich nach einem Seitensprung. Auch wenn das Verhalten von Männern und Frauen sich unterscheidet, haben etwa die Hälfte der Studienteilnehmer innerhalb der Jahre nach einer Trennung wieder eine Beziehung.
Dabei ist es offenbar egal, ob es in der vorherigen Beziehung Untreue gab oder nicht. Auffallend ist, dass es untreuen Frauen im Schnitt besser ging als untreuen Männern. So nannten Frauen als Grund für den Seitensprung, dass sie mit der Beziehung unzufrieden gewesen seien. Psychologin Stavrova argumentiert, dass „Untreue, die aufgrund von Beziehungsproblemen begangen wird, zu positiven psychologischen Ergebnissen führen kann“. In einigen Beziehungen war die Untreue eines Partners ein „Weckruf“ für den Betrogenen.
Insgesamt liefert die Untersuchung wichtige Erkenntnisse darüber, wie Untreue die psychische Gesundheit beeinflussen kann und unterstützt die Idee, präventive Maßnahmen zur Verbesserung der Beziehungsfähigkeit von Paaren einzusetzen, um Untreue zu vermeiden.