Ärzte in den USA müssen sich auf Komplikationen bei Schwangerschaften und Abtreibungen einstellen. Das teilten Wissenschaftler in einem Kommentar in der US-amerikanischen Fachzeitschrift „Trauma Surgery & Acute Care open“. Im Juni im vergangenen Jahr fiel das Urteil des Obersten Gerichtshof in den USA, der das grundsätzliche Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch gekippt hatte. Die Experten forderten den kompletten Berufsstand auf, diese Entscheidung zu verurteilen.
40 Millionen Frauen leben in Bundesstaaten, die Abtreibungen ablehnen
Schwangerschaftsabbrüche seien Teil der „wesentlichen Gesundheitsversorgung“, urteilten die Autoren. Nach der Aufhebung des sogenannten Roe vs. Wade-Urteils, das Schwangerschaftsabbrüche bisher grundsätzlich erlaubt hatte, wurden in zwölf Bundesstaaten in den USA Abtreibungen praktisch von heute auf morgen verboten.
Die Autoren gehen davon aus, dass fast 60 Prozent der US-amerikanischen Frauen im gebärfähigen Alter in Bundesstaaten leben würden, die Abtreibungen ablehnen. Es handelt sich etwa um 40 Millionen Frauen. Nicht offizielle und selbst durchgeführte Schwangerschaftsabbrüche würden deshalb zunehmen, auch vor dem Hintergrund, dass Abtreibungen alles andere als einen Sonderfall darstellen. Wie die Menschenrechtsorganisation AbortionData.org berichtet, werden jährlich weltweit rund 73 Millionen Schwangerschaftsabbrüche ausgeführt, das entspreche nahezu einem Drittel aller Schwangerschaften.
Intensivmediziner sollten sich auf Komplikationen vorbereiten
Abtreibungsmedikamente sind heute überall über den Versandhandel erhältlich, betonen die Experten. Es ist denkbar, dass Patientinnen während ihrer Selbstbehandlung dabei entstehende Schmerzen in Kliniken oder in Arztpraxen behandeln lassen möchten.
Bei diesen unsicheren Selbstbehandlungen könnte es aus Sicht der Autoren zu Komplikationen kommen, etwa Infektionen und Blutungen. Grund dafür seien falsche Medikamente und Verletzungen, die sich Frauen bei einer „Behandlung“ zuführen könnten, etwa der Gebärmutter, des Darms oder der Blase.
In solchen Fällen sollten Ärzte die Patientinnen ohne Wertung behandeln und nicht wegen ihres Abtreibungswunschs verurteilen, so die Experten. Die Privatsphäre der Patientinnen müsse geschützt werden und Abtreibungsversuche dürften nicht den Strafverfolgungsbehörden gemeldet werden. Erhöhte Alarmbereitschaft gilt auch für Notfallmediziner: Bei erzwungenen Schwangerschaften könne es zu Eklampsie, Geburtsstillstand und Sepsis kommen.
Arme und farbige Frauen besonders betroffen
Das grundsätzliche Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen werde farbige und arme Frauen „unverhältnismäßig stark treffen“, so die Experten. Sie würden eher Abtreibungsdienste und Traumabehandlungen in Anspruch nehmen als die reiche Bevölkerung.
Der Berufsstand müsse die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs deshalb entschieden „anprangern“, urteilten die Experten in dem Zeitschriftenbeitrag.
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