Männer produzieren immer weniger Spermien. Wie eine internationale Metastudie herausfand, ist die Spermienzahl von Männern im letzten halben Jahrhundert global um mehr als die Hälfte zurückgegangen. Die Wissenschaftler untersuchten für ihre Studie Daten aus 54 verschiedenen Ländern von allen Kontinenten.
Erstmalig Daten aus dem globalen Süden
Schon im Jahr 2017 prangte eine ähnliche Schlagzeile auf den Titelblättern der Zeitungen. Damals veröffentlichten Wissenschaftler eine Studie, die die Spermienanzahl von Männern in Europa, Nordamerika und Australien untersuchte. Innerhalb von vierzig Jahren hatte sich die Menge der Spermien auf diesen Kontinenten um rund 52 Prozent verringert. Sowohl für Forscher und Mediziner als auch für Laien klang es wie eine Hiobsbotschaft, denn die Spermienanzahl soll nicht nur ein Zeichen für die Fertilität des Mannes sein, sondern auch im Zusammenhang mit seiner allgemeinen Gesundheit stehen.
Die Datenlage für Afrika, Asien und Südamerika war damals zu dünn, um sie zu berücksichtigen. Doch die fehlenden Werte von diesen Kontinenten wurden mit der neuen internationalen Metastudie nachgereicht. Das Team von Wissenschaftlern arbeitete unter der Leitung von Professor Hagai Levine von der Hebräischen Universität Jerusalem und veröffentlichte im Journal „human reproduction update“. Zusätzlich wurden auch die Analysen von Europa, Australien und Nordamerika auf den aktuellen Stand gebracht. Das Ergebnis war noch erschütternder als bei der ersten Veröffentlichung.
Übergewicht und Bewegungsmangel könnten Gründe sein
Auch in Afrika, Südamerika und Asien konnte ein Rückgang der Spermienanzahl in Männern um mehr als 50 Prozent errechnet werden. Doch nicht nur das: vor allem im Globalen Norden scheint sich diese Reduzierung im 21. Jahrhundert zu intensivieren. Das bedeutet, dass der Rückgang der Spermienanzahl in den letzten Jahrzehnten weiter voranschreitet – und das schneller als je zuvor.
Die Wissenschaft kann bisher von keinem einzelnen Faktor sprechen, der diesen unerwünschten Trend hervorruft. Stattdessen ist es höchstwahrscheinlich ein Zusammenspiel von mehreren Gründen. „Die Wahl der Lebensweise und die chemische Belastung der Umwelt wirken sich negativ auf diese fatale Entwicklung aus“, sagt Levine in einer Pressemitteilung. Eine Korrelation mit der Verringerung der Spermienanzahl gibt es laut verschiedener Studien beispielsweise mit Übergewicht und Bewegungsmangel. Außerdem kann die geringe Quantität ebenfalls mit Problemen bei der Entstehung des Reproduktionsorgans während der Fötusentwicklung in Zusammenhang stehen. Selbst Pestizide könnten eventuell ein Grund für die geringe Spermienanzahl sein.
Geringe Spermienanzahl steht im Zusammenhang mit früherem Tod
Laut den Wissenschaftlern müsse diesem Trend nun dringend entgegengesteuert werden. Schließlich liege das Problem nicht nur in der geringeren Fruchtbarkeit des Mannes. Eine reduzierte Spermienanzahl steht auch im Zusammenhang mit chronischen Krankheiten, Hodenkrebs und einer geringeren Lebensspanne. „Wir haben ein großes Problem. Wenn wir es nicht entschärfen, könnte das Überleben der Menschheit bedroht sein“, unterstreicht Levine die Wichtigkeit der Veränderung. Menschen sollen entsprechend ihren Lebensstil ändern. Dazu zählt nicht nur frische Luft, Abnehmen und Sport, sondern auch der Griff zu Bio-Lebensmitteln.
Artikel von Anna Mikulics, Bild von Gerd Altmann auf Pixabay