Alkoholismus ist eine Volkskrankheit, die auch bei mäßigem Konsum bereits deutliche Einflüsse auf das menschliche Gehirn nimmt. Nun hat eine Studie die Daten von 36.000 ausgewertet und aufgedeckt, dass Menschen, die täglich zwei Einheiten Alkohol trinken, um rund zwei Jahre schneller altern als Menschen, die nicht mehr als ein Glas Alkohol pro Tag konsumieren. Eine besondere Veränderung lässt sich demnach im Gehirn feststellen, das bei übermäßigem Alkoholgenuss an Volumen verliert.
Daten von 36.000 Briten widerlegen frühere Studien
Die neuen Erkenntnisse lassen allgemeingültige Standards für vermeintlich gesunden Konsum schlecht aussehen. Wie Wissenschaft.de berichtet, ist ein internationaler Standard von etwa 300 ml Bier oder 100 ml Wein noch akzeptabel. Bei Männern soll die doppelte Menge gelten. Jedoch zeigt die Studie der Universität Wisconsin-Madison, dass auch ein geregelter geringer Konsum von Alkohol bereits gesundheitliche Folgen mit sich bringt. Die Wissenschaftler werteten hierfür die Daten der 36.000 Erwachsenen aus, die allgemeine Fragen für die britische Biobank zum Thema Gesundheit und Lebensstil beantworteten. Dabei wurden primär diejenigen berücksichtigt, die auch genetische Daten bereitgestellten und ihr Gehirn mit einem MRT-Scan haben überprüfen lassen.
„Die Tatsache, dass wir eine so große Stichprobe haben, ermöglicht es uns, subtile Muster zu finden, sogar zwischen dem Trinken der Äquivalenz von einem halben Bier und einem Bier pro Tag“, so Gideon Nave von der University of Pennsylvania, der an der Studie beteiligt war.
Die große Menge der Teilnehmer konnte so frühere Studien widerlegen, die einem gemäßigten Alkoholkonsum keine negativen Konsequenzen bescheinigten. Tatsächlich falle die Korrelation deutlich aus. Je mehr Alkohol eine Person trank, desto geringer war das Gehirnvolumen. Um die Ergebnisse besser einschätzen zu können, wurden auch weitere Eigenschaften berücksichtigt, wie etwa das Geschlecht, die Größe, das Alter, die Händigkeit, der sozioökonomische Status, die genetische Abstammung, der Wohnort und auch, ob die Person rauchte oder nicht.
Internationale Standards geben ungesunde Empfehlung
„Diese Ergebnisse stehen im Gegensatz zu den wissenschaftlichen staatlichen Richtlinien über sichere Trinkmengen“, so der ebenfalls an der Studie beteiligte Forscher Henry Kranzler. „Die offiziell empfohlenen Grenzwerte liegen oberhalb der Mengen, die in der Studie mit einem verringerten Gehirnvolumen in Verbindung gebracht wurden.“
Dabei konnten die Wissenschaftler auch beobachten, dass bei höheren Konsummengen die Auswirkungen deutlich verstärkt wurden. „Es ist nichtlinearer“, so Daviet. „Es wird schlimmer, je mehr man trinkt.“ Die Auswertung der MRT-Scans ergab, dass sich das Gehirn im gesamten veränderte und an Volumen verlor. Betroffen waren so ziemlich alle Hirnregionen, wie etwa der frontale Kortex, die Insula und auch der Hirnstamm. Die weiße Masse des Organs wies zudem Veränderungen in der Struktur auf.
Ähnliche Effekte gibt es auch beim normalen Altern. Erhöhter Alkoholmissbrauch verstärkt den Alterungseffekt. So ist eine Person, die täglich vier Gläser Alkohol trinkt, biologisch fast zehn Jahre älter.
Nun möchten die Forscher herausfinden, ob auch unregelmäßiges Trinken ähnliche Effekte verursacht oder womöglich gesünder ist als der tägliche Konsum. „Unsere Studie untersuchte den durchschnittlichen Konsum, aber wir sind neugierig, ob es besser ist, ein Bier pro Tag zu trinken als keins unter der Woche und sieben am Wochenende“, so Nave. „Manches deutet darauf hin, dass ein übermäßiger Alkoholkonsum schlechter für das Gehirn ist, alles habe noch nicht näher untersucht.“ Vorerst raten die Biologen dazu, auf das letzte Glas Alkohol in Zukunft zu verzichten. Dieses habe schließlich die größten Auswirkungen auf die Hirnalterung.
Quelle: University of Pennsylvania, Remi Daviet (University of Wisconsin-Madison, USA) et al., Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-022-28735-5
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