Übergewicht ist eine nicht zu unterschätzende Volkskrankheit, die durch genetische Faktoren und einen schlechten Lebensstil ausgelöst werden kann. Da Adipositas häufig mit Folgeerkrankungen und großen Einschränkungen einhergeht, forschen Wissenschaftler und Mediziner mit Nachdruck an Lösungen, die Patienten langfristig helfen sollen. Dabei stieß eine Forschungsgruppe der Charité Berlin um Erstautorin Lara Lechner nun auf einen bisher unbekannten Risikofaktor, der Übergewicht begünstigt.
Ursache: Epigenom
Es ist bereits bekannt, dass nicht nur ein ungesunder Lebensstil und schlechte Ernährung zu Übergewicht führen. Auch genetische Faktoren spielen dabei eine Rolle. Das Forschungsteam der Universitätsmedizin in Berlin wollten diesen Fakt genauer untersuchen. Dabei ging es nicht nur darum, ein konkretes Gen zu benennen, welches Adipositas begünstigt, sondern auch eine Therapiemöglichkeit zu finden, wie die Chefautorin Lechner beschreibt:
„Die klinische Studie verfolgte einen explorativen Ansatz und zielte darauf ab, zu untersuchen, ob Patienten mit Adipositas und stark methyliertem POMC im Allgemeinen von einer Therapie mit MC4R-Agonisten profitieren könnten.“
Die Epigenome befinden sich an der menschlichen DNA. Sie sind quasi ihre Anhänge. An ihnen können Forscher ablesen, wie das Gewicht und die Aufnahme von Fetten und anderen Stoffen vom Körper verarbeitet werden. Bei ihrer Analyse stellten die Forscher fest, dass sich diese Genome auch auf das Sättigungsgefühl der Menschen auswirken. Sie beschreiben, dass sie das Hormon Leptin ausschütten, welches das Gefühl der Sättigung herbeiruft.
Epigenome erhöhen das Adipositas-Risiko um 44 Prozent
Die Studie umfasst Daten von über 1.100 Testpersonen. Einige der Probanden waren normal gewichtig, andere waren adipös. Bei den Untersuchungen zeigte sich, dass Frauen durch die Gen-Anhänge ein weitaus höheres Risiko haben, übergewichtig zu werden. Lechner beschreibt: „Eine Erhöhung des Adipositas-Risikos um 44 Prozent entspricht etwa dem Effekt, den man auch bei einzelnen Genvarianten beobachtet hat.“ Warum das so ist, konnten die Forscher bisher jedoch nicht beweisen.
Dennoch gehen sie davon aus, dass sich dieses Risiko eindämmen lässt. „Zusammenfassend haben wir eine epigenetische Adipositas-Risikovariante am POMC-Gen identifiziert, die die Kriterien für ein in der frühen embryonalen Entwicklung etabliertes metastabiles Epiallel erfüllt, das durch eine MC4R-Behandlung adressierbar sein kann, um das Körpergewicht zu reduzieren.“ Hierbei wird ein Melanocortin-4 Rezeptor behandelt. Die Studie könnte also der Beginn einer neuen Möglichkeit sein, ein Mittel gegen Adipositas zu entwickeln. Sie wurde im Fachmagazin Science Translational Medicine veröffentlicht.
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