Menschenleere Fabriken, Lockdowns und ein starker Mobilitäts-Rückgang: Dass die Corona-Krise sich auf die Umwelt auswirkt, ist naheliegend. Doch wie ist es um das Ausmaß bestellt? Ein Überblick.
Nach Aussagen des Umweltbundesamtes sei es derzeit noch nicht möglich, präzise Auskunft darüber zu geben, wie groß der Einfluss der Corona-Krise auf die Umwelt sein wird. Dass die Verringerung der Emissionen jedoch zumindest kurzfristig eine positive Wirkung entfaltet, sei höchstwahrscheinlich.
Satellitendaten zeigen unterdessen deutliche Rückgänge der Stickstoffdioxide. Dies gelte insbesondere auch für China und Italien – Staaten, die von der Corona-Krise besonders stark betroffen sind. So geht aus Daten der US-Raumfahrtbehörde NASA hervor, dass der NO2-Ausstoß Anfang Januar und Februar um 30 Prozent zurückging. Allerdings gibt das Umweltbundesamt diesbezüglich zu Bedenken, dass es sich hierbei lediglich um eine Momentaufnahme handelt. Eine endgültige Auswertung der Daten sei erst nach einem längeren Zeitraum sinnvoll.
Weniger Straßenverkehr, höherer Stromverbrauch in Privathaushalten
In puncto Treibhausgasausstoß konstatiert das Umweltbundesamt, dass der Rückgang des PKW-Verkehrs sowie die niedrigere Industrieproduktion zu einer Verringerung führen müsse. Im Gegenzug steige hingegen der Stromverbrauch in Privathaushalten.
Insgesamt, so das Fazit, könnte die Corona-Krise durchaus einen positiven Einfluss auf die Umwelt haben. Es handle sich hierbei jedoch nur um einen kurzfristigen Effekt. Langfristige Verbesserungen seien nur durch eine gezielte Klima- und Umweltpolitik erreichbar. Hierbei spricht das Umweltbundesamt die Empfehlung aus, Konjunkturpakete mit Nachhaltigkeitszielen zu verknüpfen. Ein einheitlich europäisches Handeln sei hierfür vorteilhaft und könnte wegweisend sein.
Kurzfristige Effekte unbestritten
Dr. Johannes Schuler, Projektleiter für Nachhaltigkeit und Infrastruktursysteme am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung, betont indes noch eindringlicher als das Umweltbundesamt die Auswirkungen der Entwicklung: „Für die Umwelt ist das Virus eine Wirtschaftskrise mit positiven Auswirkungen. Durch den Stillstand der Industrie entstehen weniger Einträge in die Böden und Gewässer, weniger Verschmutzung und der Rohstoffverbrauch sinkt mit dem Rückgang der Produktion“.
Die positiven Zeichen seien sehr schnell wahrnehmbar. Doch auch Schuler fügt an, dass ein nachhaltiger Effekt nur erzielt werden könne, wenn der Ausstoß auch über die akute Krisenphase hinaus reduziert werde. Dennoch: die aktuelle Situation zeige auf, „wie eine Welt mit weniger anthropogenen Emissionen aussehen würde“.
Hochrechnungen von Agora Energiewende zeigen an, dass alleine in Deutschland 30 bis 100 Millionen Tonnen weniger CO2 im Vergleich zum Vorjahr ausgestoßen werden könnten. Aufgrund dieses Effektes sei es denkbar, dass die Bundesrepublik das Klimaziel für das Jahr 2020 einhält.
Dass die Corona-Pandemie tatsächlich einen nachhaltigen Effekt hat, deuten Individualdaten an. So förderten diverse Erhebungen zutage, dass das Bewusstsein der Menschen um ihren CO2 Fußabdruck steigt.
Ein Beispiel hierfür ist eine Befragung von „Venson Automotive Solutions“: gemäß dieser spielen aufgrund wahrgenommener Luftverbesserungen im Zuge des Lockdowns immer mehr Menschen mit dem Gedanken, ein Elektroauto zu kaufen. Demnach seien inzwischen 60 Prozent der Briten am Überlegen, bei dem nächsten Autokauf ein E-Mobil zu wählen. Im vergangenen Jahr betrug der Anteil lediglich 41 Prozent, welche äußerten, in den nächsten 10 bis 15 Jahren ein E-Auto erwerben zu wollen.
Ob die Elektromobilität wegweisend ist, sei dahingestellt, dennoch: ein Umdenken in den Köpfen zahlreicher Konsumenten kann kaum abgestritten werden. Ob dies dem Klima auf lange Sicht zuträglich ist, wird sich unterdessen erst noch zeigen müssen.
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