In einer neuen Studie, die in der Fachzeitschrift Current Biology veröffentlicht wurde, haben Forscher des UCL und des Natural History Museum herausgefunden, dass die Vielfalt, die man bei Walschädeln beobachten kann, wohl durch drei Schlüsselperioden der schnellen Evolution erreicht wurde.
Das Team der Wissenschaftler analysierte mithilfe von modernen 3D Scans die Schädel von 88 lebenden und 113 ausgestorbenen Wal-, Delfin- und Tümmlerarten. 50 Millionen Jahre an Evolution konnten so abgedeckt werden, Dabei stellten die Forscher fest, dass sich die Schädelform im Laufe ihrer Entwicklungsgeschichte dramatisch verändert hat.
Eine Sammlung aus lebenden und ausgestorbenen Wal-Arten
Wale sind tatsächlich ein bemerkenswertes Beispiel für evolutionäre Anpassung. In nur acht Millionen Jahren haben sie sich von Landtieren zu reinen Wasserbewohnern entwickelt. Dieser dramatische Wandel spiegelt sich in den gut dokumentierten Fossilien wider. Da ihre Körper in den Sedimenten der Ozeane gut erhalten sind und sie sehr groß sind, waren Wale viel leichter zu finden und für Studien zu bergen als andere prähistorische Tiere. Daher wissen wir genau, wie sich diese faszinierenden Lebewesen im Laufe der Zeit entwickelt haben.
„Wir haben den umfangreichsten Schädeldatensatz für Wale zusammengetragen, den es auf der Welt gibt. Unsere Daten stammen sowohl von Exemplaren lebender Arten als auch von versteinerten Walen, von denen 32 in den Sammlungen des Natural History Museum zu finden sind“, so die Hauptautorin der Studie Dr. Ellen Coombs vom UCL Genetics, Evolution & Environment Department in einem Blogeintrag der Universität.
Die Daten für die größte Walart und das größte Tier, das jemals existiert hat – dem Blauwal – stammen laut der Wissenschaftlerin von Hope, dem wertvollen und berühmten Blauwalskelett des Natural History Museums, das in der Hintze Hall hängt.
Drei Phasen der Wal-Evolution
„Da der Schädel viele der extremsten Veränderungen bei der Ernährung, der Atmung und den sensorischen Strukturen erfasst, ist er ideal, um diese schnellen und radikalen Veränderungen zu verstehen, aber keine frühere Studie hat die Entwicklung des Schädels von Walen in der gesamten Bandbreite ihrer ausgestorbenen und lebenden Vielfalt rekonstruiert“, so Dr. Coombs weiter.
Die Studie hat ergeben, dass es wohl drei verschiedene Perioden der Wal-Evolution gegeben hat, von denen die Erste vor 47,8-42 Millionen Jahren stattfand. Zu dieser Zeit tauchten die als Archaeoceten bekannten Urwale zum ersten Mal im Wasser auf und begannen, ihre Schädelmorphologie rasch zu verändern.
Diese Veränderungen waren wahrscheinlich auf einen Mangel an Konkurrenz zurückzuführen, der es diesen Arten ermöglichte, die damals reichlich vorhandenen Nahrungsressourcen zu nutzen.
Die zweite Welle der Diversifizierung der Wale fand vor 39 Millionen Jahren statt, als sich die Zahnwale (Odontoceti) und die Bartenwale (Mysticeti) auseinander entwickelten. Bei den Odontoceti kam es zu drastischen Veränderungen im Nasen- und Gesichtsbereich des Schädels, um eine spezialisierte Echoortung zu ermöglichen, während sich der Schädel der Mysticeti an die Massenernährung kleinerer Beutetiere anpasste.
Vor 18-10 Millionen Jahren fand dann bei einigen Walen eine hochspezialisierte Entwicklung des Schädels statt, insbesondere bei Arten wie dem Pottwal. Die Verfeinerung der Echoortung bedeutete, dass diese Zahnwale ihre Beute nicht mehr sehen mussten, sondern tiefer tauchen und zu spezialisierten Fressern werden konnten.
Die Studie zeigt auch, dass sich die Bartenwale im Laufe ihrer Geschichte offenbar langsamer entwickeln als die Zahlnwahle. Es scheint, eine optimale Morphologie für die Filtrierer bereits erreicht wurde und die Schädel der Tiere sich seither, abgesehen von der Größe, entsprechend kaum verändert haben.
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