Depressive Gefühle und Verstimmungen haben während des zweiten Lockdowns deutlich zugenommen. Dies geht aus der Sondererhebung des „Deutschland-Barometer Depression“ hervor. 71 Prozent der Bundesbürger empfinden die gegenwärtige Situation als bedrückend, im Frühjahr 2020 empfanden dies lediglich 59 Prozent der Deutschen so.
Besonders gravierend ist die Situation bei jenen mit diagnostizierter Depression. Gemäß besagter Erhebung führen die Corona-Maßnahmen zu „massiven Einschnitten in der Versorgung psychisch erkrankter Menschen und zu einer wegbrechenden Alltagsstruktur„. Diese Struktur wiederum sei für Menschen mit Depressionen besonders relevant. Wie die aktuellen Daten aufzeigen, berichten dieser Tage 44 Prozent der Menschen mit diagnostizierter Depression von einer Verschlechterung des Krankheitsverlaufs in den letzten 6 Monaten. Zudem sei es im Angesicht der Pandemie zu zahlreichen Suizidversuchen gekommen.
Die Corona-Krise führe ferner zu gravierenden Einschnitten bei der Versorgung psychisch erkrankter Bürger. 22 Prozent der Betroffenen berichten von ausgefallenen Facharzt-Terminen, 21 Prozent wiederum geben an, von sich aus Behandlungstermine abgesagt zu haben. Der Grund: Ängste vor einer Covid-19-Ansteckung. Die Situation sei besorgniserregend, wie Prof. Ulrich Hegerl konstatiert: „Die Maßnahmen gegen Corona führen zu Versorgungsdefiziten […] die gravierende gesundheitliche Nachteile für die 5,3 Millionen Menschen mit Depression in Deutschland bedeuten. Besonders die Zahl der Suizidversuche bereitet mir Sorge„. Angesichts dieses Umstandes appelliert er an die politischen Entscheidungsträger, bei den Maßnahmen auch derlei Entwicklungen zu berücksichtigen.
Aktives Vorgehen
Gemäß einer Studie aus dem Oktober des vergangenen Jahres können bestimmte Handlungsweisen depressive Verstimmungen begünstigen. „Schlaf und Depression hängen eng zusammen„, wie es in dem Fazit heißt. Ein Übermaß an Schlaf oder zu langes Dösen im Bett führe bei einigen Patienten nicht zu Erholung, sondern zu einer Verschlechterung der depressiven Symptome. Eine Reduktion der Bettzeit sei daher ein unterstützender Weg bei der Behandlung. Es könne daher für Betroffene sinnvoll sein, „trotz Erschöpfungsgefühl später ins Bett zu gehen und morgens zeitiger aufzustehen„.
Auffälligkeiten bei Kindern
Aus einer Befragung des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf wird indes ersichtlich, dass auch Kinder besonders stark unter den Maßnahmen im Angesicht der Pandemie leiden. So zeige aktuell jedes dritte Kind Auffälligkeiten. Vor der Pandemie war jedes fünfte Kind psychisch belastet. In einigen Fällen seien auch psychosomatische Folgen zu beobachten, hierzu gehören beispielsweise Magen- oder Kopfschmerzen.
Besonders anfällig für diese Probleme seien Menschen aus sogenannten sozial schwachen Haushalten. Wer bereits vor der Pandemie Schwierigkeiten hatte und nicht ausreichend gefördert wurde, der habe in der aktuellen Situation noch mehr Probleme.
Insgesamt wird immer deutlicher, dass die Menschen mehr denn je unter der Gesundheitskrise leiden, und Lockdowns mitunter als Art Dauerbelastung empfunden werden. Die Sinnhaftigkeit einzelner Maßnahmen wird sich erst in der Retrospektive beurteilen lassen, doch es scheint die Gefahr zu bestehen, dass weit über wirtschaftliche Einbußen hinaus folgenschwere Kollateralschäden entstehen.
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