
Als Folge des globalen Handels gelangen Pflanzen- und Tierarten immer häufiger in fremde Gebiete. Einer aktuellen Studie zufolge wird die Anzahl gebietsfremder Arten bis zum Jahr 2050 global um 36 Prozent steigen. Zu diesem Entschluss kommen Wissenschaftler des Senckenberg Forschungsinstituts. Die Ergebnisse der Erhebung wurden im „Global Chance Biology“ veröffentlicht.
Bereits vor 15 Jahren waren global bis zu 35.000 Tiere und Pflanzen an Standorten jenseits ihrer ursprünglichen Heimat ansässig. Den Forschern zufolge reisten diese zu großen Teilen mit dem Schiffsverkehr sowie dem Ballastwasser von Schiffen in neue Gebiete ein. Dies sei jedoch erst der Anfang, wie die Studienautoren konstatieren: „Die Anzahl gebietsfremder Arten wird weiter steigen“. Allerdings werde es große regionale Unterschiede geben. Die stärksten Anstiege werden in Europa erwartet. Hier nehme die Anzahl gebietsfremder Arten bis zum Jahr 2050 um satte 64 Prozent zu. Bis zu 2.500 neue Spezies sollen demzufolge nach Europa einwandern. Den geringsten Zuwachs erwarten die Wissenschaftler in Australien. Hier prognostizieren die Forscher einen Anstieg von 16 Prozent.
Arteninvasion potenziell bedrohlich
Vor allem Gliederfüßer und Vogel-Arten würden neue Gebiete für sich beanspruchen. Es werde hingegen deutlich weniger gebietsfremde Säugetierarten geben, bei dem bereits eingewanderten Waschbär handle es sich folglich eher um eine Ausnahme. Die Ursachen der Arteninvasion sehen die Studienautoren im globalen Handel, dem Tourismus sowie dem Verkehr. Zudem könnte auch der Klimawandel sowie Migration eine Rolle spielen.
Die Übersiedlung neuer Spezies sei nicht mehr in Gänze zu verhindern. Allerdings könnten strengere Regularien eine regelrechte Flut eindämmen. „Gerade in Europa, wo die Regelungen noch vergleichsweise locker sind, gibt es noch viele Möglichkeiten, die Einbringung neuer Arten zu vermeiden“, wie es heißt.
Die Naturschutzorganisation „WWF“ benennt zahlreiche Gefahren von Bioinvasionen. In der Vergangenheit hätten jene Vorgänge bereits drastische Folgen gehabt. So entwickelte sich beispielsweise das europäische Kaninchen zu einer Plage in Australien. Die Einschleppung der Wanderratte aus Asien nach Europa brachte wiederum die Pest, welche in Summe 1.350 Millionen Tote nach sich zog. Zu einem Problem könnten invasive Arten nicht zuletzt dann werden, wenn sie sich stark ausbreiten und heimische Spezies verdrängen.
Notwendigkeit der Vorsorge
Bereits seit einigen Jahren verpflichten sich zahlreiche Staaten, die Einschleppung gebietsfremder Arten zu verhindern. Das Ausmaß der internationalen Mobilität erschwere dies jedoch. Folgt man der Argumentation der Naturschutzorganisation, dann wird nach wie vor zu wenig gegen die Problematik unternommen – und dies, obwohl Schäden in Milliardenhöhe entstünden.
Allerdings, so WWF, sei Prävention am sinnvollsten. Demzufolge werden Maßnahmen zur Eindämmung schwierig und teuer, wenn die invasiven Arten angekommen sind. Es gebe kein Patentrezept. Vielmehr müsse jede neue Art genau beobachtet und untersucht werden.
Wanderungen von Lebewesen sind mitnichten ein neues Phänomen. Allerdings beschleunigt das Ausmaß der Globalisierung jene Prozesse um ein Vielfaches. Ob und inwiefern die Auswirkungen auch für den Menschen bedrohlich werden, wird sich zwar noch zeigen müssen. Geht es nach den Forschern, dann könnten Bioinvasionen mannigfaltige ökologische und ökonomische Schäden verursachen, die es unbedingt gilt, zu vermeiden.