Sogenanntes „Bioplastik“ kann zwar aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden und kompostierbar sein. Nichtsdestotrotz ist es hinsichtlich der chemischen Zusammensetzung nicht weniger bedenklich, als herkömmliches Plastik. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler der Goethe-Universität Frankfurt. Die Forscher untersuchten unterschiedliche Materialien und veröffentlichten unlängst ihr Ergebnis in der Zeitschrift „Environment International“.
Demnach beinhalten Produkte aus Bioplastik in Summe genauso viele schädliche Chemikalien, als Produkte aus erdölbasiertem Plastik. „Die Ergebnisse zeigen, dass die biobasierten bzw. bioabbaubaren Materialien keinesfalls weniger bedenklich sind. Drei Viertel aller untersuchten Produkte enthielten schädliche Chemikalien“. Schädlich meine, dass die Substanzen toxisch auf Zellen wirken oder hormonähnliche Effekte hervorrufen. Bei herkömmlichen Kunststoffen seien ebenfalls drei von vier Produkte schädlich.
In 80 Prozent der Produkte auf biologischer Basis befanden sich sogar mehr als tausend Substanzen. Einzelne Produkte enthielten sogar bis zu 20.000. „Die pflanzenbasierten Produkte aus Cellulose oder Stärke enthielten dabei die meisten Chemikalien. Auch waren diese am toxischsten, sprich hatten negative Auswirkungen in Zelltests“, so Ökotoxikologin Lisa Zimermann.
Endprodukte besonders toxisch
Die Studie förderte zudem zutage, dass die Endprodukte eine höhere Toxizität aufweisen, als die Rohmaterialien. Untersucht wurden unter anderem Einweggeschirr, Schokoladenverpackungen, Trinkflaschen und Weinkorken. Während der Verarbeitung der Rohmaterialien werden neue Substanzen hinzugegeben oder sogar gebildet. Jedes Produkt habe eine individuelle chemische Zusammensetzung, weswegen allgemeingültige Aussagen zur Unbedenklichkeit eines bestimmten Produktes mit Vorsicht zu genießen seien. „Eine lebensmittelechte Tüte aus Bio-Polyethylen kann toxische Substanzen enthalten, ein Weinkorken aus dem gleichen Material muss das nicht zwangsläufig und umgekehrt“, so Martin Wagner, seines Zeichens Co-Autor der Studie.
Forscher appellieren an Politik
Für Verbraucher sei es nicht nachvollziehbar, ob und wann sie im Alltag mit bedenklichem Plastik in Berührung kommen. Hierbei spiele es anders als womöglich von vielen angenommen gar keine Rolle, ob das Produkt konventionell oder biologisch erzeugt wurde. Es sei daher zwingend notwendig, die chemische Sicherheit diverser Produkte zu gewährleisten und auf die politische Agenda zu setzen. Die Forscher attestieren dem Thema eine hohe Relevanz. Nicht zuletzt deshalb, weil die Auswirkungen der Chemikalien auf Mensch und Natur in einigen Fällen noch gar nicht ausreichend erforscht seien. Die Autoren sehen diesbezüglich einen großen Bedarf an Folgestudien.
Auch in puncto Treibhausgasemissionen und Kreislauffähigkeit gebe es bei dem sogenannten Bioplastik noch viel Luft nach oben. Es gelte genauer hinzuschauen, und sich nicht in falsche Sicherheit zu wiegen.
Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ist der Auffassung, dass Bioplastik nicht per se eine nachhaltige Alternative ist. Um Bioplastiktüten herzustellen sei zum Beispiel „eine beträchtliche Menge“ an Energie notwendig, welche bei der Verbrennung oder Verrottung vollständig verloren gehe. Zudem gibt der BUND in der Stellungnahme zu Bedenken, dass Bioplastik die Wegwerfkultur fördere. Umweltschutz beginne hingegen bei der Vermeidung unnötiger Produkte und Verpackungen.
Insgesamt gilt es – wie so oft – zu differenzieren. Produkte aus biologischen Materialien sind nicht zwangsläufig bedenklich für Mensch und Natur. Allerdings legen die Forschungsergebnisse nahe, dass insbesondere bei der Verarbeitung unterschiedlicher Ressourcen häufig Wechselwirkungen entstehen, welche eine schädliche Wirkung entfalten.