Das Interesse an selbstfahrenden Autos sinkt, wie eine Studie von Deloitte zeigt. Die Auswirkungen des Coronavirus könnten den Trend noch weiter verstärken. So äußerte unlängst auch VW-Vorstand Andreas Renschler, dass autonom agierende Autos nun erst später kommen werden. Weil der US-Hersteller Tesla dem Bereich weiterhin große Priorität beimisst, könnten europäische Konzerne schon bald das Nachsehen haben.
Das autonome Fahren wird in fünf Stufen unterteilt. Die erste Stufe wartet unter anderem mit serienüblichen Fahrassistenten auf. Bei der Stufe 5 ist ein Eingreifen des Fahrers nicht mehr notwendig. Bis diese Variante Marktreife erlangt, könnten allerdings noch einige Jahre verstreichen. Finanzielle Engpässe als Krisenfolge verzögern die Forschung in diesem Bereich, so die Einschätzung von Renschler gegenüber dem Spiegel-Nachrichtenmagazin: „Wenn Investitionen verschoben werden, dann beim autonomen Fahren“. In diesem Jahrzehnt werde es demnach keine Robotertaxis geben, die eigenständig durch deutsche Innenstädte fahren.
Unterdessen sind es nicht nur die Wolfsburger, welche die Auswirkungen der Pandemie auf den Bereich der selbstfahrenden Fahrzeuge hervorheben. So verschob Ford den angepeilten Termin für den Start seines Robotaxi-Dienstes von 2021 auf 2022 – unter Verweis auf die Corona-Krise, wohlgemerkt.
Auch der Automobilzulieferer Continental legt die Entwicklungsprojekte für das hochautomatisierte Fahren vorerst auf Eis. Damit sind alle Elemente von Stufe 4 und Stufe 5 gemeint. Firmenchef Elmar Degenhart sprach davon, dass die Industrie nicht gleichzeitig mit voller Kraft in vernetzte Autos, Elektromobilität und automatisiertes Fahren investieren könne. Insbesondere die aktuelle Situation mache das Setzen von Prioritäten notwendig.
Bedenken deutscher Verbraucher
Die Global-Automotive-Consumer-Studie von Deloitte macht deutlich, dass insbesondere die Deutschen skeptisch gegenüber autonom fahrenden Autos sind: „Die Deutschen gelten einerseits als technikgläubig, andererseits aber auch als eher distanziert, wenn es um Zukunftsvisionen geht. Das selbstfahrende Auto scheitert bei deutschen Verbrauchern vor allem an Sicherheitsbedenken“, wie Dr. Thomas Schiller, seines Zeichens Partner bei Deloitte, betont. Neben dem Faktor Sicherheit seien die Verbraucher auch durch hohe Preise abgeschreckt. Wie aus der Erhebung hervorgeht, sind nur 28 Prozent dazu bereit, für eine entsprechende Technologie einen höheren Preis zu bezahlen.
Mittel bis langfristig weitreichende Veränderungen
Folgt man den Ergebnissen der Deloitte-Studie, dann unterliegt die Mobilität in den nächsten Jahren – ungeachtet temporärer Verzögerungen – einem großen Wandel. Demnach werde die Transportbranche insgesamt wachsen, und den Bürgern mehr Fortbewegungsmittel zur Verfügung stehen. Die Automobilhersteller, wie es in dem Fazit heißt, könnten hiervon durchaus profitieren. Allerdings, so die Warnung, erhöhe sich auch der Wettbewerb, der Einstieg branchenfremder Konkurrenten sei wahrscheinlich.
Die Corona-Krise wiederum könnte das Gefälle unter den Autoherstellern noch vergrößern. Denn während Konzerne wie Volkswagen und Continental anderen Forschungsbereichen den Vorzug geben, verkündet Tesla, dass der Konzern bereits in diesem Jahr Funktionen für autonomes Fahren im Abo-Modell anbieten möchte. Schon heute verfügen die Fahrzeuge des US-Konzerns über Technologien, mittels derer das Fahrzeug aus bis zu 50 Metern herbeigerufen werden kann.
So angespannt die finanzielle Lage auch ist, und so skeptisch die Verbraucher auch sein mögen: wenn zahlreiche Konzerne die Forschung auf ein Minimum reduzieren, könnte der Vorsprung jener Unternehmen, die weiterhin daraufsetzen, schon bald kaum mehr aufzuholen sein.
Image: NVIDIA Corporation/Flickr