Die Automobilindustrie befindet sich im Umbruch, auch immer mehr große deutsche Hersteller priorisieren die Elektromobilität. Der Umschwung sei vonnöten, um die Klimaziele zu erreichen. Dabei ist sich die Wissenschaft bei der Frage um die Antriebsform der Zukunft keineswegs so einig, wie manche vermuten.
Der Verband Deutscher Ingenieure (VDI) veröffentlichte Anfang November eine Studie, in der unterschiedliche Antriebsformen hinsichtlich der CO2-Emissionen miteinander vergleichen wurden. Demnach haben alle Antriebskonzepte das Potenzial, zur CO2-Reduktion in der Mobilität beizutragen. Eine einseitige Fokussierung auf die Elektromobilität sei allerdings sogar kontraproduktiv für die Umwelt, so der VDI. „Wir unterstützen als VDI ausdrücklich die Förderung von alternativen Technologien. Wichtig ist uns aber, nicht allein auf Batteriefahrzeuge zu setzen, sondern auch die Brennstoffzelle und moderne Verbrennungsmotoren mit umweltfreundlicheren Treibstoffen wie Gas oder synthetischen Kraftstoffen weiter zu stärken“, wie der Verband Dr.-Ing. Volker Kefer in einer Pressemitteilung zitiert.
Gemäß dem VDI fallen bei der Produktion von Elektroautos deutlich mehr CO2-Äquivalente an, als beim Bau von modernen Diesel-Fahrzeugen. Bei 12 Jahren Nutzung eines Stromers sind knapp 60 Prozent der Emissionen der Produktionsphase zuzuordnen. Zwar sei die CO2-Bilanz von Elektrofahrzeugen während der Nutzung besser als bei modernen Dieseln. Dennoch könnten je nach Batteriegröße und Verbrauch Laufleistungen von 300.000 Kilometern vonnöten sein, ehe der Stromer eine bessere Ökobilanz als der Diesel vorweisen könne.
Energieträger wichtig
Von größter Wichtigkeit sei die jeweilige Energieversorgung der Fahrzeuge. „Wenn die Energieträger nicht von ihrem CO2-Rucksack befreit werden, kann keine der Technologien helfen“, wie Dr.-Ing. Ralf Marquard vom VDI äußert. „Nur wenn die Energieträger auf erneuerbarer Basis gewonnen werden, können alle Technologien helfen, die Umweltbilanz zu verbessern. In Anbetracht der kompletten Wertschöpfungskette seien moderne Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren heute oft noch schadstoffärmer als Elektrofahrzeuge.
In puncto Elektromobilität sei es wichtig, die Batteriezellenfertigung rasch von China nach Europa zu verlagern. Der lange Transportweg sowie der kohlelastige Strommix in China habe einen negativen Einfluss auf die CO2-Emissionen.
China seinerseits erachtet die Elektromobilität zwar immer noch für wichtig und möchte die Marktanteile von Elektrofahrzeugen mit Batterie, Wasserstofffahrzeugen sowie Plug-In-Hybriden bis zum Jahr 2035 auf rund 55 Prozent erhöhen. Nichtsdestotrotz vertritt China die Auffassung, dass Benzinfahrzeuge nicht abgewürgt werden sollten, „so wie das in einigen Ländern geschieht“.
Kontroverse Ergebnisse
Das Karlsruher Institut für Technologie benennt für die Batterie-Produktion von Stromern ein CO2-Äquivalent zwischen 185 Kilogramm pro Kilowattstunde (Produktion in China) und 124 Kilogramm pro Kilowattstunde (Produktion in Europa). Einer Studie der Universität Eindhoven zufolge ist bei der Produktion von Batterien für Elektrofahrzeuge lediglich von einem CO2-Ausstoß von 75 Kilogramm CO2-Äquivalent pro Kilowattstunde auszugehen.
Medien und Kritiker werfen den jeweiligen Lagern indes vor, die Ergebnisse schönzurechnen. So betont beispielsweise Markus Emmert vom Bundesverband E-Mobilität, dass der Vorschlag der Industrieverbände lediglich dem Erhalt alter Geschäftsmodelle gelte. „Dafür werden gerne auch die Fakten gebogen“, so Emmert.