Der Amazonas Regenwald in Südamerika befindet sich in besorgniserregendem Zustand. Nun geht aus einer neuen Studie hervor, die Satelliten der letzten 30 Jahre auswertete, dass die Resilienz des Gebiets merklich nachlässt. Entsprechend dauert es mittlerweile deutlich länger, um nach etwa einer Trockenperiode wieder Regenwald auszubilden. Den Forschern zufolge könnten diese Erkenntnisse darauf hindeuten, dass sich der Regenwald an einem Kipppunkt befindet.
Regenwald verliert zunehmend Widerstandsfähigkeit
Noch ist der Amazonas Regenwald der größte tropische Wald des Planeten. Jedoch setzt ihm der Mensch mehr und mehr zu. Vor allem Brände und Rodungen sorgten dafür, dass die Waldflächen mehr und mehr verschwinden. Aber auch der menschengemachte Klimawandel sind für das Ökosystem eine Herausforderung. Somit gibt es auch immer mehr Phasen, dem das Gebiet von Trockenperioden heimgesucht wird und seine Eigenschaft als CO₂ Puffer ist jetzt schon abgeschwächt.
Die Forscher warnen, dass der stolze Regenwald nun recht abrupt verschwinden und durch eine vergleichsweise trockene Savanne abgelöst werden könnte. „Der Amazonas-Regenwald ist aber ein hochkomplexes System, sodass es sehr schwer vorherzusagen ist, wann der Kipppunkt erreicht werden könnte“, so Erstautor Chris Boulton von der Universität Exeter. Der Biologe konnte mithilfe seines Teams und der Auswertung von Satellitendaten der vergangenen 30 Jahre ein Vorzeichen für ein Kippen des Ökosystems erkennen. Demnach ist die Resilienz des Waldes deutlich abgeschwächt im Vergleich zu vorherigen Zeiträumen. Er verliert somit seine Widerstandsfähigkeit und seine Regenerationsfähigkeit. Schon jetzt sei es für das Gebiet immer schwieriger, sich nach Bränden oder Trockenperioden zu erholen.
Amazonas verliert seit 2000 durchgehend an Resilienz
„Der Regenwald kann äußerlich noch weitgehend normal aussehen, aber dennoch an Resilienz verlieren“, so der an der Studie beteiligte Seniorauto Niklas Boers vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung laut Wissenschaft.de. „Wenn zu viel Resilienz verloren gegangen ist, dann wird ein Waldverlust unumkehrbar. Wenn dies jedoch sichtbar wird, ist es wahrscheinlich schon zu spät, um dies noch zu stoppen.“ Um mögliche Faktoren zu entdecken, betrachteten die Wissenschaftler insbesondere die Biomasse, die Blattdichte und die Vegetationsbedeckung genannten Zeitraum. „Unsere Studie hat dabei im Detail und von Monat zu Monat die Reaktionen des Regenwaldes auf die fluktuierenden Wetterbedingungen analysiert“, so Boers.
Die Auswertungen der Biologen ergab erschreckendes. Seit dem Jahr 2000 ist eine schleichende, aber andauernde Abnahme der Resilienz festzustellen. Dreiviertel des Regenwaldes im Amazonas seien hiervon betroffen. „Als Ergebnis erwarten wir, dass sich der Regenwald heute langsamer von einer Trockenperiode erholt als noch vor 20 Jahren“, so Boulton. Nun sei ein baldiges Erreichen des Kipppunktes des Ökosystems wahrscheinlich. Sein Kollege Boers ergänzt: „Viele Wissenschaftler haben schon vorhergesagt, dass der Amazonas Regenwald einen Kipppunkt erreichen könnte. […] Aber unsere Studie liefert nun den entscheidenden empirischen Beweis, dass wir uns dieser Schwelle tatsächlich nähern.
Regenwald stirbt: Forscher fordern Maßnahmen
Auch, wenn der Regenwald aktuell rein optisch noch intakt scheint, so leidet das Ökosystem unter den Auswirkungen. Schon jetzt würden insbesondere Regionen, die in trockeneren Gebieten stehen, immer wieder unter Wassermangel leiden. Neben dem Klimawandel setzen die menschlichen Einflüsse dem Gebiet weiter zu. Laut den Wissenschaftlern seien nun umgehende Maßnahmen erforderlich, um das Ökosystem noch zu schützen. „Unsere neuartige Analyse der empirischen Daten liefert weitere Belege dafür, dass die Sorge um die Widerstandskraft des Regenwalds berechtigt ist“, so Co-Autor Timothy Lenton der Universität Exeter. „Sie bestätigt, dass es dringend nötig ist, die globalen Treibhausgas-Emissionen, aber auch die Rodungen zu begrenzen, um den Amazonas Regenwald zu erhalten.“
Quelle: Chris Boulton (University of Exeter) et al., Nature Climate Change, doi: 10.1038/s41558-022-01287-8
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