
Die meisten Menschen besitzen Narben und manche von ihnen befürchten, dass sie deshalb als hässlicher wahrgenommen werden. Diese Sorge wird durch eine neue Studie entkräftet: Auf den ersten Blick erscheint ein Mensch mit schwachen Gesichtsnarben nicht weniger attraktiv.
Keine negativen Auswirkungen
Jährlich werden über 34 Milliarden US-Dollar bei plastischen Chirurgen für das Ausbessern von Gesichtsnarben ausgegeben. Damit handelt es sich nach der Verschönerung von Schnittwunden und der Tumorentfernung um die dritthäufigste rekonstruierende Schönheitsoperation in den USA.
Die Studie, die im Dezember im Fachjournal „Plastic and Reconstructive Surgery“ erschien, könnte dementsprechend richtungsweisend für die Zukunft von Schönheits-OPs sein. „Im Gegensatz zu unseren Prognosen fanden wir heraus, dass eine einzige gutverheilte Gesichtsnarbe im Allgemeinen keine negativen Auswirkungen auf den ersten Eindruck von Attraktivität, Selbstbewusstsein und Freundlichkeit hat“, schreiben die Autoren der Studie, die an der University of Pennsylvania arbeiten, in einem Bericht.
Gesichter mit Narbe wirkten freundlicher
Über 1.800 Probanden bewerteten in einer Online-Studie das Aussehen von fünfzig Menschen zweimal – einmal mit und einmal ohne Narbe. In die makellosen Gesichter wurde an verschiedene Stellen eine Narbe gezeichnet. Das geschah mithilfe von künstlicher Intelligenz. Beim Betrachten der Fotos vergaben die Studienteilnehmer Punkte von 0 bis 5. Im Endergebnis schnitten die Gesichter mit Narben unbedeutend schlechter in der Attraktivität ab als Narbenlose, sodass der Unterschied nicht als signifikant gilt. Während die makellosen Gesichter 4,46 Punkte erzielten, lagen die der Vernarbten bei 4,45.
Außerdem stellte sich heraus, dass die Gesichter mit Narben freundlicher auf die Probandinnen wirkten. Doch auch dieser Trend ist nur gering ausgeprägt.
Dieses Ergebnis ist aber nicht für alle schwachen Gesichtsnarben gültig. Wenn sich diese an gewissen Stellen befinden, können sie sich besonders positiv oder negativ auf die Attraktivität oder andere Parameter auswirken. So haben Narben, die sich im mittleren bis unteren Lid befinden, meistens negative Auswirkungen auf die Ansehnlichkeit – aber nur, wenn sie senkrecht zu wichtigen Gesichtsmerkmalen stehen. Wenn eine Person eine schwache Narbe besitzt, die parallel zum Lid angeordnet ist, kann sie sogar als schöner wahrgenommen werden. Auch hier ist der Unterschied in Punkten eher gering ausgeprägt. Dieser ist jedoch signifikant.
Schönheitschirurgische Beratungen können wissenschaftlich untermauert werden
Die Studie hat auch einen praktischen Nutzen. Durch die Untersuchung sei nun zum ersten Mal die Einschätzung möglich, welche Narben die Attraktivität beeinträchtigen könnten. Mit diesem Wissen können plastische Chirurgen ihre Patienten besser beraten und ihren Rat, ob eine Narbe verschönert werden sollte, mit wissenschaftlicher Forschung belegen.
„Unsere Gesichter sind bedeutend für unsere Identitäten und beinhalten einen signifikanten Teil des Ausdrucks unserer Selbst“, schreiben die Wissenschaftler, „trotzdem sind die Konsequenzen von gut verheilten Gesichtsnarben schlecht untersucht.“ Was sie herausgefunden haben, sei „überraschend und vielleicht sogar eine erfreuliche Nachricht“. Die Forscher hoffen, dass sie damit das Leid, das manche Betroffene verspüren, verringern können.