Was die einen in Panik versetzt, sorgt bei den deren nur für ein müdes Lächeln: die Risikobereitschaft ist bei den Menschen sehr unterschiedlich. Wissenschaftler der Universität Zürich und der University of Pennsylvania fanden nun heraus, dass sich die Bereitschaft zu riskantem Verhalten zum Teil in Genanalysen feststellen lässt. Die Ergebnisse veröffentlichten sie im Fachmagazin Nature Human Behavior.
Für die Studie nutzten die Forscher einen umfangreichen Datensatz der UK Biobank, welcher Gesundheits- und Verhaltensdaten von etwa 500.000 Bürgern enthält. Zudem analysierten sie Hirnscans von etwas mehr als 12.000 Personen. Im Anschluss hierauf glichen sie die Scans mit den Angaben ab, welche die Personen über ihr persönliches Risikoverhalten gemacht hatten.
Dabei förderten sie zu tage, dass zu riskantem Verhalten neigende Personen in einigen Hirnarealen deutlich weniger graue Substanz aufweisen. Jene Substanz ist unter anderem verantwortlich für die sensorische Wahrnehmung sowie die Entscheidungsfindung.
Komplexes Zusammenspiel
Allerdings gebe es keine spezifische Hirnregion, welche für das Risikoverhalten verantwortlich sei. Vielmehr seien Assoziationen verschiedener Hirnregionen für das Verhalten verantwortlich. In den unterschiedlichen Bereichen wiesen die Probanden anatomische Abweichungen auf, auch im sogenannten Kleinhirn. Dieses wiederum spiele beim Risikoverhalten womöglich sogar eine deutlich wichtigere Rolle, als bisher angenommen.
Die Wissenschaftler gingen auch der Frage nach dem genetischen Einfluss auf riskantes Verhalten auf den Grund. Sie fanden Hinweise darauf, dass jenes Verhalten durchaus genetisch bedingt sein könnte, gaben jedoch auch Entwarnung. So habe das Erbgut allenfalls einen geringfügigen Effekt. Auch betonten die Forscher, dass es sehr schwierig sei, den Einfluss der Gene von den Umwelteinflüssen zu trennen. Insgesamt, so ihr Fazit, gebe es noch einen großen Forschungsbedarf. „Unser ultimatives Ziel ist es, all diese Beziehungen zu entwirren und die kausalen Zusammenhänge zu identifizieren„, so Gideon Nave von der University of Pennsylvania.
Jugendliche mit hoher Risikobereitschaft
Indes zeigen unterschiedliche Studien, dass sich die Risikobereitschaft im Laufe der Zeit verändert. Eva Telzer, ihres Zeichens Hirnforscherin an der University of North Carolina, betont, dass junge Menschen risikobereiter seien. Verletzungen, Rechtsstreitigkeiten oder Gesundheitsprobleme würden von diesen leichter in Kauf genommen. Allerdings gebe es auch Bereiche, in denen Jugendliche sogar weniger zu riskantem Verhalten neigen. Dies sei bei bestimmten sozialen Aktivitäten der Fall, beispielsweise wenn es darum geht, einen Freund zu verteidigen oder jemanden zu einem Date einzuladen.
Dennoch: das Verhalten scheint sich insgesamt auch auf die Todeszahlen niederzuschlagen. Die Sterblichkeitsrate bei den 15 bis 19-Jährigen ist global etwa 35 Prozent höher, als bei den 10 bis 14-Jährigen.
Die Erforschung des riskanten Verhaltens kann auch in der Praxis zu zahlreichen Vorteilen führen. So können die Erkenntnisse beispielsweise dabei helfen, sinnvolle Richtlinien zu erarbeiten, oder auch psychische Krankheiten rascher zu identifizieren.