Seit der Mitte des 20. Jahrhunderts erlebt das Golfstrom-System eine beispiellose Abschwächung. Die Atlantische Meridionale Umwälz-Strömung ist dieser Tage so schwach wie nie zuvor in den letzten 1000 Jahren. Weitere Rückgänge könnten das labile Klima-Gleichgewicht kippen. Dies geht aus einer neuen Studie hervor, die im Fachmagazin „Nature Geoscience“ veröffentlicht wurde.
Besagte Strömung treibt den Golfstrom an, und prägt unser Wetter in großem Ausmaß. Diese besteht aus warmen und nordwärts gerichteten oberflächennahen Strömungen sowie einem Absinken von Wassermassen in hohen Breiten und tiefen Boden-Strömungen am westlichen Rand. Das System gibt die mitgeführte Wärme in großen Teilen an die Atmosphäre ab, und trägt hiermit beispielsweise zu dem relativ milden Klima Nordwesteuropas bei. „Das Golfstrom-System funktioniert wie ein riesiges Förderband, das warmes Oberflächenwasser vom Äquator nach Norden transportiert und kaltes, salzarmes Tiefenwasser zurück in den Süden schickt„.
Der Abschwächung des Golfstrom-Systems gingen die Wissenschaftler mit Auswertungen von Ozeansedimenten, Eisbohrkernen und Baum-Jahresringen auf den Grund. Dabei kombinierten sie unterschiedliche Datentypen, um Informationen über die Strömungen, Temperaturveränderungen und Verteilungen der Wassermassen zu erhalten.
Starker Rückgang
Die Studienautoren halten es für unwahrscheinlich, dass es sich um bereits früher aufgetretene natürliche Schwankungen handelt. Die Abschwächung sei „beispiellos„. Zwar sei die Nordatlantische Umwälz-Strömung bereits seit 1850 langsamer schwächer geworden, doch erst Mitte des 20. Jahrhunderts veränderte sich die Abschwächung in enormem Ausmaß.
Bereits vergangene Studien hätten aufgezeigt, dass die Abschwächung des Systems eng mit dem Klimawandel verknüpft ist. Dies werde durch die neuen Erkenntnisse abermals bestätigt.
Erhebliche Auswirkungen auf das System seien denkbar, wenn der Klimawandel weiter fortschreitet. Sollten die Menschen die globale Erwärmung vorantreiben, dann könnte sich das Golfstrom-System bis zum Jahr 2100 um weitere 34 bis 45 Prozent abschwächen. Dann wiederum könnte die Umwälz-Strömung abkippen, oder gar komplett zum Erliegen kommen. Mögliche Folgen: Mehr Stürme, sommerliche Hitzewellen und Dürren, und andernorts deutlich niedrigere Temperaturen. An der US-Ostküste drohe ein Anstieg des Meeresspiegels.
Folgeerscheinungen
Falls die Atlantische Meridionale Umwälz-Strömung zum Erliegen kommt, könnte dies auch eine Auswirkung auf ein weiteres dominantes Klimaphänomen haben: auf die nordatlantische Tiefwasser-Strömung. Diese beginnt im Eismeer bei Island, und transportiert kaltes und salzarmes Wasser in der Tiefe entlang beider amerikanischen Kontinente bis in den antarktischen Ozean.
Die Klimaforscher sind der Auffassung, dass aufgezeichnete Veränderungen massive Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt in den Ozeanen haben könnten, darüber hinaus auch auf den Menschen. Ob Natur und Mensch sich schnell genug an die Veränderungen anpassen können, das wird unter Experten diskutiert. Ungeachtet der jüngsten Fortschritte und Erkenntnisse in der Forschung gebe es noch einen großen Bedarf an weiteren Studien.
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